EE-Investitionen rückläufig

Energiewende in Gefahr:
Investitionen in erneuerbare Energien
in Deutschland und weltweit rückläufig

und weitere Meldungen aus EUWID

Nach Analysen von Bloomberg New Energy Finance sind die Investitionen in erneuerbare Energien im ersten Quartal des laufenden Jahres deutlich zurückgegangen. Wie die Marktforscher ermittelten, sanken die weltweiten Investitionen auf 27 Mrd. US-Dollar (rund 20,5 Mrd. €), was gegenüber dem letzten Quartal des Vorjahres einem Rückgang von 28 Prozent entspricht. Damit bestätigt sich auch weltweit der von Seiten des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) beklagte Trend abnehmender Investitionen in erneuerbare Energien.

Die Energiewende, die vor einem runden Jahr als Konsequenz der Reaktorkatastrophe von Fukushima höchste politische Priorität erlangt hat, ist ins Stocken geraten. Die Ursachen für die sich abschwächende Dynamik sind vielfältig. Ein Problem liegt im Netzausbau, der weit hinter dem Zeitplan liegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich nach längerer Pause in der vergangenen Woche wieder zur Energiewende und betonte, dass es bis Jahresende eine gesetzliche Regelung für den Netzausbau geben solle.
Ein weiteres Problem liegt nach Einschätzung von Experten in einem Mangel von Ersatzkraftwerken, wenn der Ausbau der erneuerbaren Energien weiter vorangetrieben wird. Das EWI Köln legte jetzt ein Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium vor, in dem ein neues Strommarktdesign gefordert wird, um Anreize für die Bereitstellung erforderlicher Kapazitäten am Markt zu setzen. Den Wissenschaftlern schwebt dabei eine Lösung über Versorgungsversicherungsverträge vor. Auch eine Studie des VDE betont die Notwendigkeit flexibler thermischer Kraftwerke als „Rettungsschirm für die Energiewende“.
Die Übertragungsnetzbetreiber weisen derweil auf eine gestiegene Gefahr von großflächigen Stromausfällen hin. Nur durch „größte Anstrengungen“ der vier deutschen ÜNB und das Zurückgreifen auf bestehende internationale Verbindungen sei im vergangenen Winter der Betrieb der Hochspannungsnetze und die Versorgungssicherheit gewährleistet worden. Von Oktober 2011 bis März 2012 sei es im gesamten deutschen Netzgebiet „fast täglich“ zu Netzbelastungen gekommen, die schnelles Eingreifen nötig gemacht hätten.
Weitere übergreifend relevante Berichte in EUWID Neue Energien 17/2012 befassen sich unter anderem mit den energiepolitischen Beschlüssen der FDP, der Entwicklung der erneuerbaren Energien in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern sowie dem Maßnahmenpaket für die „Energiestrategie 2050“, auf das sich der Schweizer Bundesrat geeinigt hat.

BIOENERGIE
Der Boom bei den Biogasanlagen auf Basis von Raps und Mais ist nach Erkenntnissen der BayWa AG vorbei. Wegen der knappen Flächen stießen die Betreiber solcher Biogasanlagen nun an ihre Grenzen, sagte ein Sprecher des Unternehmens vergangene Woche in Stuttgart. Derartige Probleme gibt es in der Türkei derzeit nicht. Einer Studie des Deutschen BiomasseForschungsZentrums (DBFZ) zufolge sind derzeit erst 36 Biogasanlagen mit einer Leistung von 111 MW in Betrieb, immerhin 49 weitere Anlagen befinden sich in Planung.
Einen anderen technischen Weg zur Nutzung kommunaler Grünabfälle und organischer Reststoffe beschreitet die SunCoal Industries GmbH. Das Unternehmen hat zu Jahresbeginn eine stark erweiterte Version ihrer Pilotananlage, die biogene Reststoffe in Biokohle umwandelt, in Betrieb genommen. Pro Stunde werden auf diesem Weg bis zu 200 Kilogramm Einsatzstoffe in Biokohle umgewandelt. Die Potenziale der energetischen Abfallverwertung sind nach Expertenmeinung noch lange nicht ausgeschöpft. Pro Jahr landeten bis zu 7 Mio. Tonnen Bioabfallmasse im Restmüll, wovon die Hälfte als für stoffliche und energetische Zwecke abschöpfbar gilt, sagte Prof. Michael Nelles von der Universität Rostock Ende März in einem Beitrag für das Kassler Abfallforum.
Auch im Bereich der Biokraftstoffe liegen noch Potenziale brach. Die heute üblichen bis zu sieben Prozent Biodiesel oder bis zu zehn Prozent Bioethanol im Kraftstoff seien für die meisten technischen Teilsysteme von Fahrzeugen, wie Kraftstoff-Pumpen und Standheizungen, kein Problem. Doch auch höhere Beimischungen von Biokraftstoffen könnten technisch beherrschbar sein, heißt es im Abschlussbericht des Forschungsprojekts „GObio“, das vom Oel-Waerme-Institut (OWI) geleitet wurde. Die Bioenergie-Berichterstattung umfasst in EUWID Neue Energien 17/2012 auch aktuelle Entwicklungen bei KTBL, Lipp, Hokawe, ESWE und Dong Energy. Markt- und Preisberichte zu Getreide, Ölsaaten, Holzpellets und Biodiesel ergänzen den Bioenergiebereich.

SOLARENERGIE
Beim insolventen Solarkonzern Q-Cells peilt der vorläufige Insolvenzverwalter Henning Schorisch einen Verkauf an einen oder mehrere Investoren an. Das Frankfurter Büro der M&A-Beratung Deloitte wurde mit einer entsprechenden Investorensuche beauftragt. Es gebe allerdings auch bereits eine Reihe von Interessenten aus dem In- und Ausland, die sich direkt beim Insolvenzverwalter gemeldet hätten, berichtete Schorich.

Die trübe Stimmung in der Solarbranche wird etwas aufgehellt durch die Ergebnisse verschiedener Studien. Nach Analysen des US-Beratungshauses Solarbuzz wird bereits im laufenden Quartal die Talsohle am Markt für PV-Equipment erreicht, so dass zumindest die Anbieter entsprechender Ausrüstungstechnologien Aussichten auf eine baldige Verbesserung der Marktsituation haben. Das Bonner Beratungsunternehmen EuPD Research hat im Auftrag des Emissionshauses Wattner ermittelt, dass der wirtschaftliche Betrieb von Photovoltaik-Freiflächenanlagen ungeachtet der Förderkürzungen auch künftig gewährleistet ist. Das gelte sowohl bei einer Vergütung über das EEG als auch bei einer Direktvermarktung des Solarstroms.

WINDENERGIE
Das Global Wind Energy Council (GWEC) prognostiziert für das Jahr 2012 eine zusätzlich installierte Windenergieleistung von über 46 GW weltweit. International wird es in den kommenden Jahren zu deutlichen Verschiebungen kommen. GWEC rechnet damit, dass in den nächsten fünf Jahren der Marktzuwachs primär von Indien und Brasilien ausgehen wird, mit signifikanten Beiträgen neuer Märkte in Lateinamerika, Afrika und Asien. Nach Berechnungen des europäischen Windenergieverbandes EWEA ist der Beitrag der Windbranche zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) der EU von 2007 bis 2010 um rund ein Drittel auf rund 32 Mrd. € gestiegen – und das bei einer ansonsten rückläufigen Wirtschaft. Auch die Zahl der Arbeitsplätze habe sich in diesem Zeitraum um 30 Prozent auf rund 240.000 erhöht, teilte EWEA mit.

Trotz der positiven Entwicklung in den vergangenen Jahren ziehen auch über der Windbranche immer mehr Wolken auf. Dem Industriekonzern Siemens macht die Anbindung der Windparks auf offener See ans Stromnetz zu schaffen. Das Prestigeprojekt kostet das Unternehmen mehr Geld als bisher geplant, wie die „Financial Times Deutschland“ (FTD) unter Berufung auf Kreise im Umfeld des Konzerns berichtet. Der Windanlagenhersteller Nordex legt sein Offshore-Geschäft ad acta, nachdem kein geeigneter Partner für ein Joint-Venture gefunden wurde. Der Stahlproduzent Dillinger Hütte aus dem Saarland sieht Probleme angesichts der „Spitzen und Täler im Auftragseingang“ in den Bereichen Wind und Röhren auf sich zukommen. Investitionsentscheidungen im Bereich der erneuerbaren Energien werden nach Angaben des Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Blessing zufolge aktuell noch sehr zögerlich getroffen.

GEOTHERMIE UND WASSERKRAFT
Die oberbayerischen Anlagen zur Nutzung der tiefen Geothermie werden in den nächsten 50 Jahren stabile Bedingungen zur Förderung der Erdwärme vorfinden. Dieses und weitere Prognose-Ergebnisse aus hydrogeologisch-geothermischen Modellrechnungen hat das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) zum Abschluss des Projekts „Geothermische Charakterisierung von karstigklüftigen Aquiferen im Großraum München“ vorgelegt. Die Ergebnisse hätten gezeigt, dass in den nächsten fünfzig Jahren nur im Nahbereich der jeweiligen Bohrungen die Temperaturen im Untergrund durch Reinjektion von Kaltwasser nennenswert beeinflusst werden, erklärte das Institut. Gegenseitige Temperaturbeeinflussungen der Bohrungen untereinander würden nicht auftreten.

Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) will im Zuge der geplanten Energiewende die Wasserkraft in seinem Land möglichst naturschonend ausbauen. Dazu sollen in erster Linie Wasserkraftwerke modernisiert und bereits bestehende Querbauwerke in den Flüssen für neue Anlagen genutzt werden, sagte Huber in der vergangenen Woche in der Kabinettssitzung bei der Vorstellung des Zehn-Punkte-Plans zum Ausbau der Wasserkraft in Bayern. In der Modernisierung und Nachrüstung bestehender Anlagen liegen nach Aussage des Umweltministeriums rund 70 Prozent des noch erschließbaren Gesamtpotenzials der großen Wasserkraft. 25.04.2012

->Quelle Der Bloomberg-Studie zu den weltweiten Investitionstrends im Bereich der erneuerbaren Energien ist der Titelbericht der Ausgabe 17/2012 von EUWID Neue Energien gewidmet.