Jörg Müller (ENERTRAG): „Erneuerbare Energien in Führungsposition bringen“
Das Solarify-Selbst-Gespräch – „also wenn Sie mich fragen…
1. Sind wir Menschen in unserem globalen Zusammenwirken zur Nachhaltigkeit fähig?
Wir sind dies nur, wenn die wirtschaftlich führenden Nationen hier weit vorangehen und alle anderen mitreißen. Das ist wie auf einem Schiff in Seenot – nur entschlossenes Handeln der Schiffsführung kann die Panik und das Rette-sich-wer-kann abwenden. Sollten wir das nicht schaffen, dann sehe ich keine Lösung.
2. Können wir den Klimawandel aufhalten?
Wir können den Klimawandel nicht mehr aufhalten. Die Frage ist nur, wie stark er das menschliche Leben in den nächsten Jahrzehnten bestimmen wird. Da es weder wünschenswert ist, dass wir Menschen uns künftig in Ressourcenkriegen vernichten, noch dass immer mehr Umwelt- und Wirtschaftsflüchtlinge auf ihrem Weg in eine vermeintlich besser Welt umkommen, müssen wir die Erneuerbaren Energien in die Führungsposition bringen. Damit zeigen wir die Lösung auf und begrenzen den Klimawandel soweit es noch irgendwie geht.
3. Welche Erneuerbaren Energien sollten wir nutzen?
Ausschließlich Windkraft an Land und Photovoltaik. Erstere ist in den äquatorfernen Gebieten die einzige im Winter verfügbare Energiequelle mit ausreichend Ertrag, die zweite ist die global billigste Enrgiequelle. Beiden gemeinsam ist eine sehr hohe Ausbeute von knapp einer Million kWh pro Hektar (über zwanzig mal mehr als alle Bioenergien) und ihre vollkommene Gefahrlosigkeit (keine Erdbeben wie bei Geothermie, geringste Beeinträchtigung der Natur…) sowie insgesamt die geringste Kosten unter den Erneuerbaren Energien.
4. Was ist der nächste wichtige Schritt in der Energiewende?
Der Übergang zu Energiespeicherlösungen für Mobilität und Wärme. Immer mehr erzeugte Erneuerbare Energie muss sinnvoll genutzt werden – aber Strom gibt es zuviel. Also muss EE-Strom teure Treibstoffe verdrängen, allzumal Treibstoffe und Heizbrennstoffe mengen-, kosten- und energiemässig den größten Anteil in der Energiebilanz haben. Gleichzeitig kann durch diese Nutzung des EE-Stromes seine Vorhersagbarkeit schnell verbessert und bald auch eine hohe Fahrplantreue erreicht werden – beides sind Systemstabilitätsvoraussetzungen, an denen kein Weg vorbeiführt.“
[note Jörg Müller (geb. 1964) ist Vorstandsvorsitzender der ENERTRAG AG. Er studierte am Moskauer Energetischen Institut Kerntechnik, trat 1989 in die Kraftwerks- und Anlagenbau AG ein. Als Gründungsgesellschafter der Uckerwind Ingenieurgesellschaft mbH war er seit 1997 geschäftsführender Gesellschafter der Uckerwerk Energietechnik GmbH. Seit 1998 ist er im Vorstand der ENERTRAG AG. Das Windenergie-Unternehmen betreibt in Prenzlau (Brandenburg) das weltweit erste Kraftwerk, das neben Strom und Wärme auch Windgas erzeugt. Das Wasserstoff produzierende Power-to-Gas-Kraftwerk wurde vor kurzem ans Netz angeschlossen und ein Erweiterungsbau begonnen.]