In Brüssel hat sich (wieder einmal) die Autobauer-Lobby durchgesetzt – zu Lasten des Klimas, und in Berlin ist ein Koalitionsvertrag ausgehandelt worden, der (nicht nur) im Kapitel „Energie und Klima“ hätte beherzter ausfallen können. In beiden Fällen hätte es schlimmer kommen können – schwacher Trost. CDUFDP hatten in Brüssel monatelang blockiert und schließlich ein ganzes Jährchen Verzögerung plus fünf Gramm mehr CO2 pro km erreicht (welch ein Sieg!) – CDUSPDCSU haben ein Paket geschnürt, das die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent (gegenüber 1990!) reduzieren will – in der EU soll das 10 Jahre länger dauern dürfen.
Deutschland als internationaler Vorreiter? Ist da irgendwo ein logischer Widerspruch? Der Widerstand der Autoschmiede wirkt ebenfalls nicht sonderlich logisch (Greenpace: „theatralisches Jammern“), bewältigen sie doch soeben eine anfangs erbittert bekämpfte Herausforderung mit Bravour: die CO2-Grenze für 2015 – sie wird locker eingehalten.
Das sogenannte Backloading geschieht halbherzig: Statt die anfangs unsinnigerweise an die Industrie verschenkten CO2-Zertifikate durch Verknappung entscheidend zu verteuern, soll es sich bei der „geplanten Herausnahme von 900 Mio. Zertifikaten aus dem Handel“unbedingt nur um einen „einmaligen Eingriff in das System“ handeln, die Zertifikate dürften seitens der EU-Kommission „nicht dauerhaft dem Markt entzogen werden“. Wie das Ungeheuer von Loch Ness taucht im K-Vertrag das unausrottbare Missverständnis wieder auf, grüne Energien seien schuld am steigenden Strompreis, da wird vom „Abbau von Überförderungen“ geschwafelt und „Degression“ groß geschrieben. Und das, obwohl sich der solare Zubau schon mehr als halbiert hat. Der völlig unverdächtige World Energy Outlook der IEA hat eben bestätigt, dass die Erneuerbaren nicht schuld an den hohen Energiepreisen sind. Die Braunkohle-Lobby lässt grüßen.
Wahrscheinlich grüßt dieselbe auch bei der Kürzung des Offshore-Ausbauziels von bisher 10 auf jetzt 6,5 GW im Jahr 2020. Und wohl auch, wenn nur noch Standorte mit einem Referenzwert von 75 bis 80 Prozent für Wind in Frage kommen sollen – das Aus für viele Planungen in Süddeutschland. Bis zum Schluss stand das Klimaschutzgesetz wacker im Koalitionsvertrag; jetzt ist es zu einem rechtlich unverbindlichen „Klimaschutzplan“ geschrumpft. Höchste Zeit, mit dem leider populären Vor-Urteil aufzuräumen, für große Probleme brauche es große Koalitionen. 93 Prozent der Deutschen wollen einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien. Vertane Chancen.
PS: Als konkrete Maßnahme wäre die Aufstockung des KfW-Programms zur energetischen Gebäudesanierung zu loben gewesen. Aber: Das noch am vorletzten Tag vorgesehene „5-Jahresprogramm von jährlich 1. Mrd. Euro“ fand sich bei Verabschiedung nicht mehr auf der energiepolitischen Todo-Liste der zukünftigen Bundesregierung…
-Gerhard Hofmann-