Spitzbergen-Methan natürlich

Methanhydrate und Klimaerwärmung – aber keine Entwarnung

Vor Spitzbergen wird in einigen hundert Metern Wassertiefe immer wieder Methangas beobachtet, dass aus Gashydrat-Lagerstätten am Meeresboden stammt. Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Wissenschaftlern des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel und des Bremer Zentrums für Marine Umweltwissenschaften, MARUM konnte jetzt zeigen, dass die Gasaustritte sehr wahrscheinlich natürlichen Ursprungs sind und nicht durch die Klimaerwärmung verursacht werden. Die Studie ist in Science*) veröffentlicht worden.

[note Karbonatkrusten am Beobachtungspunkt HYBIS in 385 Metern Tiefe. Zum Größenvergleich: die weißen Organismen rechts im Bild haben einen Länge von etwa 15 cm. Karbonate solcher Größe benötigen zur Bildung mehrere 100 Jahre.]

Methanhydrate sind fragil. Die Mischung aus Methangas und Wasser ist als eisförmiger Feststoff am Meeresboden nur bei niedrigen Temperaturen und hohem Druck stabil. In einigen Regionen – so auch im Nordatlantik vor Spitzbergen – haben Forscher wiederholt Gasaustritte mit zunächst unklarer Ursache entdeckt. Einer Hypothese folgend löst die zunehmende Erderwärmung die Hydratschichten langsam auf. Mit Hilfe umfangreicher Untersuchungen, die in den vergangenen Jahren vor der norwegischen Inselgruppe stattfanden, konnte eine internationale Forschergruppe unter der Leitung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel zeigen, dass die Methanaustritte sehr wahrscheinlich eine natürliche Ursache haben.

[note Das Untersuchungsgebiet westlich von Spitzbergen. Im Rahmen verschiedener Expeditionen wurden Messungen vorgenommen. Farbige Punkte markieren Gasaustritte, an den drei markierten Punkten wurden Tauchgänge durchgeführt.]

„Als wir 2008 zum ersten Mal deutliche Methanaustritte vor Spitzbergen beobachteten, waren wir alarmiert“, sagt der Leiter der Studie, Prof. Christian Berndt vom GEOMAR. „Die Gasblasen stammten aus einer Tiefe, in der Gashydrate gerade noch stabil sind. Wir wussten, dass schon eine relativ geringe Erwärmung das Hydrat auflösen kann“, so Berndt weiter. Die große Frage war, wo die Ursache für die Ausgasungen liegt. Mit Hilfe mehrerer Expeditionen in den folgenden Jahren gelang es, Stück für Stück Licht ins Dunkel dieses Rätsels zu bringen.

Erderwärmung nicht schuld

Die Vermutung lag nahe, die zunehmende Erderwärmung sei bereits bis in die Regionen des Atlantiks vorgedrungen. Doch die Untersuchungen, bei denen unter anderem auch das deutsche Forschungstauchboot JAGO zum Einsatz kam, wiesen deutlich auf natürliche Ursachen hin. „Zum einen haben wir festgestellt, dass die saisonalen Temperaturschwankungen in dieser Region ausreichen, um die Stabilitätszone der Gashydrate mehr als einen Kilometer den Hang hoch und runter zu schieben“, so Prof. Berndt. „Ferner haben wir an den Austrittsstellen der Methangase am Meeresboden Karbonate gefunden“, erläutert Dr. Tom Feseker vom MARUM. Dies seien deutliche Indikatoren, dass die Ausgasungen schon über sehr lange Zeiträume, wahrscheinlich schon seit mehreren 1000 Jahren stattfinden, so Feseker weiter.

Keine Entwarnung wg. Klima

Entwarnung wollen die Forscher in Hinblick auf die Klimaerwärmung aber trotzdem nicht geben. Über lange Zeiträume werde sich auch der tiefe Ozean erwärmen. Besonders die polaren Regionen seien davon betroffen. Hier schlummern noch enorme Mengen von Methanhydrat im Untergrund. „Als starkes Treibhausgas stellt Methan ein besonderes Risiko dar, dass durch Freisetzung großer Mengen die Erderwärmung weiter beschleunigt wird“, so Prof. Berndt. Deshalb sei es notwendig, besonders solche kritischne Regionen wie die vor Spitzbergen weiter zu beobachten.

*)Originalarbeit: Berndt, C., T. Feseker, T. Treude, S. Krastel, V. Liebetrau, H. Niemann, V. J. Bertics, I. Dumke, K. Dünnbier, B. Ferré, C. Graves, F. Gross, K. Hissmann, V. Hühnerbach, S. Krause, K. Lieser, J. Schauer, and L. Steinle, 2014: Temporal constraints on hydrate-controlled methane seepage off Svalbard. Science, sciencemag.orgsciencemag.org/content

->Quelle: geomar.de