Zwei-Grad-Grenze nicht überschreiten ist größtes Ziel
Am 02.04.2014 hielt die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks, in der Aktuellen Stunde vor dem Deutschen Bundestag in Berlin eine Rede zu den Konsequenzen der Bundesregierung aus dem IPCC-Weltklimabericht – Solarify dokumentiert sie:
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Bericht des Weltklimarates IPCC ist erneut ein Weckruf an uns alle, an die gesamte Menschheit, wenn man so will. Wir wissen alle: Die Folgen des Klimawandels sind bereits heute mehr als deutlich zu beobachten. In den kommenden Jahrzehnten drohen durch Zunahme von Hitze und Extremereignissen immer stärkere Nachteile für Menschen und Ökosysteme. Ohne raschen und ambitionierten Klimaschutz wäre ein globaler Temperaturanstieg um durchschnittlich vier Grad Celsius oder mehr wahrscheinlich.
Das wäre eine Welt, in der wir uns gar nicht vorstellen können zu leben. Deswegen ist natürlich das Ziel, den Anstieg auf maximal zwei Grad zu begrenzen, das größte Ziel, das wir in diesem Zusammenhang haben. Die Möglichkeiten zur Anpassung an den Klimawandel würden bei einem Anstieg von vier Grad nämlich schwinden oder sehr viel teurer werden. Es steigt auch die Gefahr von abrupten, unumkehrbaren Klimaänderungen, sogenannten Kipppunkten. Der IPCC betont auch, dass angesichts des zu erwartenden Klimawandels die gegenwärtigen Anpassungsmaßnahmen schon nicht mehr ausreichen.
Für mich sind die politischen Konsequenzen aus den neuen IPCC-Berichten – einen Teilbericht haben wir heute vorliegen, und schon in anderthalb Wochen bekommen wir hier in Berlin einen weiteren Teilbericht überreicht – vollkommen klar: Eine verantwortungsvolle Klimapolitik muss immer auf zwei Säulen stehen: Sie muss erstens dafür sorgen, dass die Erderwärmung die zwei Grad-Marke nicht übersteigt. Sie muss aber zweitens auch Risiken erkennen und sich auf die nicht vermeidbaren Folgen von Klimaveränderungen vorbereiten und einstellen. Anpassung ist jedenfalls weder leichter noch billiger als Vermeidung. Trotzdem müssen wir auch an Anpassungsstrategien denken. Wir wissen aber, wie gesagt, dass Anpassung ganz gewiss nicht leichter oder billiger ist als Vermeidung, im Gegenteil: Je zögerlicher die Staatengemeinschaft bei der Minderung der Treibhausgase ist, desto mehr wird schließlich für Anpassungen zu zahlen sein.
Die IPCC-Ergebnisse sind eine Bestätigung für die ehrgeizigen Klimaschutzziele der Bundesregierung. Bis zum Jahr 2050 wollen wir in der EU die Emissionen um 80 bis 95 Prozent absenken, und wir in der Bundesrepublik Deutschland haben schon den Ehrgeiz, bei der Absenkung eher am oberen als am unteren Rand zu liegen, also eher an 95 Prozent zu kommen, als bei 80 Prozent zu verbleiben.
Unser nächstes Etappenziel ist es, die Treibhausgasemissionen hier in Deutschland bis 2020 um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Ich habe mir nach meinem Amtsantritt aufarbeiten lassen, wo wir mit den bisher von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen stehen. Die nüchterne Eröffnungsbilanz zu Beginn dieser Legislaturperiode ist, dass wir mit den Maßnahmen, die wir bislang ergriffen haben, eine Minderung der Treibhausgase um etwa 33 bis 35 Prozent bis zum Jahr 2020 erreichen können. Da ich mir eine verhältnismäßig schlechte Wirtschaftsentwicklung, die dazu führen würde, dass wir die Reduzierung um 35 Prozent erreichen, nicht wünschen kann und ich nicht glaube, dass wir damit zu rechnen haben, müssen wir davon ausgehen, dass tatsächlich bis zum Jahr 2020 eine Lücke von sieben Prozentpunkten verbleibt, die wir mit den bisher ergriffenen Maßnahmen nicht schließen können. Ich werde deswegen, wie schon angekündigt wurde – es wurde eben angesprochen –, auf der Basis dieser Ausgangsanalyse, nach der wir noch sieben Prozentpunkte mehr erreichen müssen, mit den Ressorts der Bundesregierung ein Sofortprogramm abstimmen, mit dem wir die Politiklücke, die wir bisher offenbar haben, schließen können.