Dunkle Energie – Rätsel der Grundlagenforschung

„95 Prozent des Universums unverstanden“ – DPG will in öffentliche Diskussion eingreifen

Mit der Entdeckung des Higgs-Bosons im vergangenen Jahr wurde das Standardmodell der Teilchenphysik vervollständigt. Doch die Physik ist noch lange nicht am Ende der Suche nach dem Verständnis der uns umgebenden Welt angekommen. Nur 5 Prozent der Energie und Masse des Universums lassen sich mit dem Standardmodell beschreiben. „So bedeutend die Entdeckung des Higgs-Bosons für das grundsätzliche Verständnis der sichtbaren Masse war, bleiben 95 Prozent des Universums unverstanden“, so Johanna Stachel, Präsidentin der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Der größte Teil scheint aus wenig erforschter „Dunkler Energie“ zu bestehen. Deren Rätsel zu lösen ist nun eine der großen Herausforderungen der Grundlagenforschung.

Rund 70 % des Universums scheinen aus „Dunkler Energie“ zu bestehen. Sie heißt „dunkel“, da diese Energieform nicht direkt beobachtbar ist und man noch sehr wenig von ihr weiß. Die Vermessung des Weltalls führte 1998/99 zu der Erkenntnis, dass der Abstand zweier Galaxien mit zunehmendem Alter des Weltalls nicht nur zunimmt1, sondern beschleunigt ist. Für diese Entdeckung wurden Saul Perlmutter, Adam Riess und Brian Schmidt 2011 mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet. Sucht man im Rahmen von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie eine Erklärung, so muss im Universum eine bislang unbekannte Energieform vorhanden sein – die dunkle Energie.

Die Ausdehnung des Weltalls kann auf verschiedene Arten gemessen werden, zwei davon sind die Beobachtung von Supernovae (SNe) eines bestimmten Typs (Ia) sowie die der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung.

Eine Supernova ist eine Sternenexplosion, die mit modernen Teleskopen im gesamten beobachtbaren Teil des Weltalls gesehen werden kann. Da alle SNe vom Typ Ia in etwa die gleiche Leuchtkraft haben, kann man aus der beobachteten Helligkeit ihre Entfernung schätzen. Wie und mit welcher Geschwindigkeit sich die Entfernung der SNe verändert, lässt sich über den Effekt der Rotverschiebung von Licht messen. Der Begriff Rotverschiebung bezeichnet ein „Langziehen“ der Wellenlänge des Lichts, so wird bspw. blaues zu rotem Licht. Dieser Effekt ist eine direkte Konsequenz der kosmischen Ausdehnung. Durch die Vermessung vieler SNe entsteht ein Rotverschiebungs-Entfernungs-Diagramm, das Hubble-Diagramm.

26 % der Masse Dunkle Materie – 69 % Dunkle Energie

Die kosmische Mikrowellenstrahlung bezeichnet eine schwache Strahlung, die in allen Himmelsrichtungen gleich stark und ein Überbleibsel des Urknalls ist. Beobachtungen dieses Strahlungsfeldes mithilfe des Planck-Satelliten der ESA zeigen, dass nur rund 5 % der Masse im Universum Atome oder andere bekannte Teilchen sind; 26 % der Masse liegen als Dunkle Materie und 69 % als Dunkle Energie vor. Dunkle Energie unterscheidet sich von dunkler Materie, die ebenfalls nicht sichtbar ist, sich aber bezüglich der Schwerkraft wie normale sichtbare Materie benimmt.

Dass sich die Ausdehnung des Weltalls augenscheinlich beschleunigt, wurde im letzten Jahrzehnt von vielen Beobachtungen bestätigt. Die Ursache dahinter bleibt eines der größten Rätsel der Kosmologie. Neben der Idee der Dunklen Energie werden auch modifizierte Theorien der Schwerkraft oder inhomogene kosmologische Modelle studiert. Die derzeit einfachste Erklärung weist dem leeren Raum Energie (Dunkle Energie in Form einer kosmologischen Konstante ?) zu, die das Universum beschleunigt ausdehnt. Zu weiteren Konsequenzen dunkler Energie lässt sich heute nur spekulieren. Die Geschichte der Physik beweist, dass oft die „unpraktischen“ Grundlagenprobleme Jahrzehnte später große „praktische“ Umwälzungen hervorgerufen haben.

Mit dem kostenlosen Faktenblatt Physik konkret möchte sich die DPG mit ihrer Expertise in die dringend gebotene öffentliche Diskussion einbringen. Das Faktenblatt mit dem Titel „Dunkle Energie – eines der größten Rätsel der Kosmologie“ gibt es zum kostenfreien Download unter www.physikkonkret.de.
->Quelle: .dpg-physik.de