Freischwebendes Vorschlagsziel: 30 Prozent bis 2030
Die EU-Kommission hat am 23.07.2014 ihren Vorschlag für ein Energieeffizienzziel für 2030 vorgelegt. Der Vorschlag gilt als maßgeblich für die Entscheidung der Staats- und Regierungschefs im Oktober. In ihrer Mitteilung empfiehlt die Kommission ein Ziel zur Senkung des Energiebedarfs um 30 %. Ob dieses rechtlich verbindlich festgelegt werden soll, wurde der Entscheidung der Mitgliedsstaaten im Rat überlassen. Damit liegt die Ambition der Kommission weit hinter dem Votum des Parlaments für ein verbindliches 40 % Ziel und dem, was unabhängige Gutachter* als wirtschaftlich sinnvoll erachten. So die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) in einer ersten Beurteilung.
Die DENEFF bewertet dies als faktisches Aushebeln des Energieeffizienzziels. Die Initiative kritisiert das Vorgehen der EU-Kommission aufs Schärfste als grob fahrlässig in Anbetracht von Jobs- und Wachstumspotenzial, Klimaschutz und der mitteleuropäischen Energiekrise. Es liegt zudem aus Sicht der DENEFF der Verdacht nahe, dass bei der Folgenabschätzung, die der Entscheidung unterliegt, im Interesse eines schwachen Effizienzziels getrickst wurde. Auch fordern die deutsche Bundesregierung sowie sieben weitere Mitgliedstaaten ein verbindliches und ambitioniertes Ziel, darunter auch Frankreich und Präsident Barrosos Heimatland Portugal.
Die DENEFF setzt nun ihre Hoffnungen in die neue EU-Kommission unter Präsident Jean-Claude Juncker, der sich für ein verbindliches Ziel ausgesprochen hatte. Carsten Müller, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF): „Juncker hat im Gegensatz zur alten Kommission begriffen, das Energieeffizienz der Schlüssel für Wachstum und Unabhängigkeit in Europa ist. Noch-Amtsinhaber Barroso setzt sich indes nach Gutsherrenart über die Meinungen unabhängiger Experten, Appelle von Mitgliedstaaten und Parlamentsentscheidungen hinweg, indem er ein faktisches „Nicht-Ziel“ für Energieeffizienz durchdrückt. Warum EU-Kommissar Oettinger hier mitmacht, ist mehr als irritierend. Wir setzen auf den Rat und die neue Kommission, dieses zweifelhafte Erbe zu korrigieren und ein vernünftiges, ambitioniertes und verbindliches Effizienzziel zu beschließen.“
Hintergrund: Das Ziel für Energieeffizienz ist Teil der energiepolitischen Zieltrias (Treibhausgase, Erneuerbare, Energieeffizienz) für 2020. Ob diese bis 2030 fortgesetzt werden soll ist Gegenstand des Ratsgipfels im Oktober. Der Vorschlag der Kommission für ein Effizienzziel 2030 stand bislang aus und sollte einer Neubewertung im Lichte der Ukraine-Krise unterzogen werden. Im Juni bekanntgewordene Entwürfe der Kommissionsmitteilung sprachen sich in diesem Sinne noch für ein Energieeffizienzziel von 35 % aus, verbunden mit großen, positiven Auswirkungen auf Energieimportkosten und Beschäftigung. Vermutlich auf Druck von Kommissionspräsident Barroso, wurden die zu Grunde liegenden Berechnungen dahingehend angepasst, dass durch Annahme ominöser Diskontsätze für Effizienzinvestitionen (teilweise über 17 % !) das gewünschte politische Ergebnis von nicht mehr 30% Effizienz als „wirtschaftlich sinnvoll“ herauskam.
*Zum Vergleich: Ein Gutachten des Fraunhofer Instituts ISI identifizierte ein kosteffizientes Einsparpotential von 41 %: http://www.isi.fraunhofer.de/isi-de/service/presseinfos/2013/pri13-28_beyond2020_energieeffizienz.php