e-Mobility Summit des Tagesspiegel

Ein beachtlicher Aufgalopp wichtiger Persönlichkeiten hatte sich dieses Jahr zum e-Mobility Summit des Berliner Tagesspiegels aufgemacht:

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer sowie acht weitere (Landes-)Minister und Staatssekretäre, zahlreiche Top-Manager wie Axel Heitmann (Lanxess), Klaus Entenmann (Daimler), José A. Avila (Continental) oder Shai Agassi (Better Place) sowie der Vorsitzende der Nationalen Plattform Elektromobilität, Henning Kagermann und der Präsident der Verbands der Automobilindustrie, Matthias Wissmann.

Zur Förderung der Elektromobilität hat die Bundesregierung vier sgenannte Schaufensterregionen ausgewählt, die sie mit bis zu 180 Millionen Euro fördern will. Auch Berlin ist dabei. Minister Ramsauer spendete den 400 Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Trost: Er rief dazu auf, man solle sich vom langsamen Fortschritt der E-Mobilität in Deutschland nicht entmutigen lassen. Elektroautos seien zwar „von einem Massenmarkt noch weit entfernt“, denn 4500 Zulassungen in Deutschland seien eher Anlass zur Ernüchterung, aber solche Entwicklungen brauchten eben ihre Zeit. Man könne „die Reifung bestimmter Prozesse nicht x-beliebig per Dekret beschleunigen“.

Der Minister äußerte sich auf der E-Mobilitäts-Konferenz „e-Mobility Summit“. Er sei „nicht generell gegen Kaufanreize“ für E-Autos, sagte Ramsauer, „aber sie müssen Sinn machen und finanzierbar bleiben“. Die Mittel dafür im Bundeshaushalt seien sehr begrenzt. Auch VDA-Präsident Wissmann verteidigte die Stellung der Branche.

Peter Ramsauer teilte mit, dass Baden-Württemberg im Wettbewerb der Schufenster auf Nummer 1 der Modellregionen Hannover/Niedersachsen auf Platz 3 gelandet war.

Gleich vier Landesminister auf einem Panel

Auf dem Panel „Schaufenster der Schaufenster“ hatten gleich vier Landesminmsiter und ein OB Platz genommen: die Berliner Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz, Baden-Württembergs grüner Verkehrsminister Winfried Herrmann, Nordrhein-Westfalens Wirtschafts- und Energieminister Harry Voigtländer und der sächsische Wirtschafts- und Verkehrsminister Sven Morlok – Niedersachsen wurde von Hannovers Oberbürgermeister Stephan Weil vertreten

Hermann sagte schlicht, die Wähler hätten zwar gesagt: „Wir brauchen einen Push für Ökologisierung“, aber schon vorher habe es eine E-Mobilitäts-Initiative in BaWü gegeben; das ganze Land sei sehr mit dem Thema verbunden, Zukunft zu schaffen und zu gewinnen. „Baden-Württemberg hat seinen Ansatz breit angelegt,wir haben nicht nur über das E-Auto gesprochen…“ Auch hier gelte der Slogan „Wir können alles“. „Wir orientieren uns an den Nutzern und Benutzern und dann den Produzenten. Wir wollen eine intermodale Reisekette aus E-Auto, E-Fahrrad, Bahn und Bus, wollen eine neue Nutzungskultur fördern.“ 90 Mio. öffentliches Geld will Baden-Württemberg dafür ausgeben. „Wir wollen ‚E-Car to go‘ anschieben, wollen tief in das Flottenmanagement der Institutionen und Firmen reingehen mit einer neuen IT-Plattform; ich will als Verkehrsminister E-Fahrzeuge fördern, wir finanzieren die Differenz.“Die  Zukunft sei aber nicht nur E-Mobilität, daher brauche man auch eine Reform der Fahrleherausbildung, eine andere Fahrkultur, einen anderen Umgang mit dem Verkehrsmittel. Als Landesregierung habe man den Flottenverbrauch drastisch reduziert.

Minister Voigtsberger war als einziger ohne Schaufenster, aber er betonte, die  E-Mobility sei in NRW schon lange im Konzept. es liege ein eigener Masterplan bis 2012 mit 100 Mio. Euro vor. Er benutzt in Düsseldorf nur ein E-Fahrzeug, musste aber bei einer Fahrt nach Essen die Heizung ausmachen, um wieder zurückzukommen. „Wir setzen die ‚Route der E-Mobilität‘ dennoch um – und das ‚Innovation-City –Projekt‘: in den nächsten 10 Jahren soll Bottrop CO2-freie Stadt werden – hier gehrt auch eine urbane CO2-freie Mobilität dazu – dann dürfen dort nur noch Bahn, Bus, E-Auto und E-Fahrrad benutzt werden – auch die urbane Versorgung (Müllentsorgung, Pflegedienste, etc.) ausschließlich elektrisch – mit erneuerbarem Strom.

Hannovers OB Stephan Weil hofft auf möglichst große Bundesbeteiligung am Schaufenster – Bdas Ramsauer-Ministerium wäre gut beraten, meinte er, wenn Beziehungen zwischen den Regionen hergestellt werden könnten; man solle nicht nur darauf setzen, maximal größte Zahlen zu erreichen, viele Ladestationen seien zwar wichtig, aber wichtiger, welche Einzelbereiche entwickelten die größte Strahlkraft? Ein Schaufensterbiete die größten Chancen für internationale Beachtung: Berlin.

Auf die Frage, wann denn die ersten Gelder fließen werden, antwortetete Sibylle von Obernitz: Bis zum 15. Mai hätten alle sagen müssen – bei Deckelung von 50 Mio. – was sie jetzt wie finanzieren wollten, aber man habe die Teilnehmer aus der Wirtschaft um größere Beteiligungen gebeten. Die Bundesregierung wolle in den nächsten 4-6-Wochen Prioritäten setzen, dann würden Förderungen für Projekte festgelegt und Anträge erbeten;sie hofft, dass noch in diesem Jahr die ersten Gelder fließen. Alle Länder hätten in ihren Haushalten bereits Mittel eingestellt. Sven Morlok teilte mit, alle Länder hätten inzwichen Elektro-Mobilitätsagenturen gegründet.

Keynote Michael Müller

Zuvor hatte Berlins Stadtentwicklungs- und Umweltsenator Michael Müllerin in einer Keynote zum Thema „Berlin als Schaufenster E-Mobilität“ die Pläne Berlins fürs Schaufenster erläutert.  Er nannte die Wahl der Hauptstadtregion Berlin/Brandenburg für eines von bundesweit vier „Schaufenstern für Elektromobilität“ einen „riesigen Erfolg für die Region“, der  „dem Thema einen kräftigen Schub verleihen werde“.Schon die Bewerbung habe gezeigt:  Berlin ziehe mit Brandenburg an einem Strang. E-Mobility sei „eine gewaltige Chance für die Region als Ganzes. Und mit der Agentur für Elektromobilität (eMO) haben wir eine wirksame Bündelung der Kräfte über Berlin hinaus erreicht.“

„Was will die Metropolregion mit den Schaufensteraktivitäten in den nächsten 3 bis 4 Jahren erreichen? Die Hauptstadtregion soll Labor und Leitmetropole für den Elektroverkehr in Europa werden. In Berlin und Brandenburg wird in den nächsten Jahren ein auf erneuerbaren Energien basierendes Verkehrssystem modellhaft erforscht, erprobt und optimiert.  Das Ziel ist, die Möglichkeiten des Elektroverkehrs öffentlich sichtbar und erfahrbar zu machen.  Um dieses Ziel zu erreichen, sollen in allen relevanten Geschäftsfeldern des Elektroverkehrs – Fahrzeuge, Infrastruktur und Dienstleistungen – Kompetenzen erweitert oder neu aufgebaut werden.“

Das Spektrum der Anwendungsmöglichkeiten für integrierte Mobilitätsangebote und zukunftsorientierte Antriebssysteme sei breit: „Vom motorisierten Individualverkehr in privaten Haushalten, zum E-Carsharing bis hin zum elektrischen Güterverkehr mit Lkw, Elektrolastenrädern und Transportern. Die Konzepte vernetzen Fahrzeug, Verkehr und Energie, d. h. sie gehen über die individuelle automobile Anwendung hinaus. Sie zielen auf eine Multimodalität im Verkehr sowie auf den Einsatz und die Speicherung regenerativer Energien, denn Elektromobilität ist nur dann umwelt- und ressourcenschonend, wenn der Strom regenerativ erzeugt wird.“

Weltweit stoße zunehmende Mobilität an Kapazitätsgrenzen und führe zu erheblichen ökologischen Belastungen. Berlin werde „international beneidet um sein vernetztes Verkehrssystem“. Zudem lägen hier – in der Stadt von Siemens und Borsig – die Wurzeln vieler innovativer Ansätze, gerade im Bereich elektrischer Antriebe.. „Denken Sie nur an die ersten Straßenbahnen und U-Bahnen. An diese Tradition knüpfen wir heute an, indem wir Lösungen für die Mobilität im 21. Jahrhundert entwickeln.“

Und da gehe es „vor allem um Eines: Mobilität, die nachhaltig ist, die Lebensqualität für die Bevölkerung verbessert, die unser Klima schützt und die Wirtschaft nachhaltig stärkt. Wir wollen mit Hilfe von Referenzprojekten in  Berlin die Entwicklung innovativer Technologien und Dienstleistungen unterstützen und international vermarkten. Das ist unsere Perspektive für Berlin und die ganze Hauptstadtregion. Denn damit schaffen und sichern wir qualifizierte Arbeitsplätze. Das ist das große Ziel, das wir mit unserer E-Mobility-Strategie verfolgen.“ Denn E-Mobility wedre zu einer „Schlüsselindustrie der Zukunft“.

Berlin und Brandenburg und ihre 257 Partner hätten sich im Rahmen des Schaufenster-programms mit 74 Projekten beworben, darunter seien 35 Kernprojekte mit einem Gesamtvolumen von rund 165 Mio. Euro. Rund 75 Mio. Euro investiere die Wirtschaft.  Berlin unterstütze mit bis zu 25 Mio. Euro aus Landesmitteln.  Aus der Wirtschaft beteiligten sich die größten Automobilhersteller, im Bereich Energie- und Fahrzeugtechnik die Branchenführer.  Die Sparte Verkehr und Logistik sei mit Weltfirmen vertreten, drei der vier großen deutschen Energieversorger machten mit, ebenso wie namhafte Unternehmen aus dem Bereich Informations- und Kommunikations-technologie. Neben diesen Spitzenunternehmen seien aber auch die 90 kleinen und mittleren Unternehmen wichtige Pfeiler der Bewerbung von Berlin-Brandenburg; diese machten allein ein gutes Drittel (35%) aller Beteiligten aus.

Der Senator weiter: „Berlin hat hervorragende Potenziale, um als Vorreiter und Modellstadt für neue Mobilität und regenerative Energie zu wirken.  Berlin-Brandenburg ist Spitzenreiter bei umweltfreundlichen Verkehrsmitteln und erprobt seit Jahrzehnten zukunfts-orientierte Antriebssysteme, z. B. erdgas- und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge. Seit 2008 haben mehrere Bundesministerien zahlreiche Elektromobilitäts-projekte in der Region unterstützt. Die Hauptstadtregion steht mit den meisten Fahrzeugen und Projekten sowie dem größten Netz an öffentlicher Lade-infrastruktur an der Spitze aller deutschen Städte.  Neue Mobilitätskonzepte und –produkte treffen auf große Offenheit und Neugier der Bevölkerung, da die Region über ein sehr gut ausgebautes ÖPNV-Netz verfügt und rund die Hälfte aller Haushalte in Berlin keinen eigenen PKW besitzt. Daher haben hier Mobilitätsangebote und Carsharing-Modelle, die auf die flexible Verkehrsmittelwahl abzielen, große Chancen.  Die Region eignet sich sehr gut zur Erprobung des Zusammenspiels von erneuerbaren Energien, intelligentem Netzmanagement und Zwischenspeicherung mittels Elektromobilität. Brandenburg kann die gesamte Region mit regenerativ erzeugter Energie versorgen, während Berlin zur Speicherung und zum Lastmanagement beitragen kann.“

Der Schaufensteransatz setze schwerpunktmäßig auf die Anwendung marktreifer oder in naher Zukunft kommerziell einsetzbarer Technologien und Applikationen. So solle der konkrete Nutzen der Elektromobilität durch „Orte der Elektromobilität“ sichtbar und erfahrbar gemacht werden. Dabei handle es sich um zehn bis zwölf geografische Schwerpunkte in der Region, an denen sich die breite Öffentlichkeit über Elektromobilität informieren und selbst ausprobieren könne.

 Worin liegen die Chancen unseres Schaufensters?

Antwort des Senators: „In der Hauptstadtregion soll im Rahmen des Schaufensters die gesamte Wertschöpfungskette der Elektromobilität abgebildet werden. Das bedeutet Förderung von Forschung und Industrie. Innovative Unternehmen können sich mit anwendungsnaher Forschung vernetzen, um zum Beispiel neue Speichermöglichkeiten und neue Antriebsarten zu entwickeln.  Im Kontext der Energiewende erhält die Region die Chance, die Infrastruktur der Energieersorgung auszubauen und intelligente Netze zu schaffen. Fahrzeugakkus eröffnen Potentiale als Zwischenspeicher für Strom aus erneuerbaren Energieträgern. Deren Einbindung in das Stromnetz durch ein Energie- und Netzmanagement gilt es zu entwickeln.“ E-Mobility biete in einem überschaubaren Zeitraum Vorteile für Berlin in verkehrs- und umweltpolitisch relevanten Handlungsfeldern; etwa bei der innerstädtischen Güterverteilung und im Berufspendlerverkehr.

Für die Fortschritte bei der Einführung von E-Mobilität sei die Infrastruktur entscheidend. Ausreichende Kapazitäten im Stromnetz und ausreichende Infrastruktur zum Laden der Fahrzeugakkus seien zu schaffen. Die Standorte der Ladestationen im öffentlichen Raum müssten nutzerorientiert, aber auch „mit  ausreichender Sensibilität“ ausgewählt werden: „Ladesäulen aller deutschen oder gar europäischen Stromerzeuger rund um das Brandenburger Tor möchte ich mir nicht ausmalen müssen.“

Müller sieht eine internationale Präsentationschance durch die E-Mobilität: „Berlin-Brandenburg wird seine herausragende internationale Sichtbarkeit nutzen, um nicht nur das eigene Schaufenster zu präsentieren. Als ‚Schaufenster der Schaufenster‘ lädt die Hauptstadtregion die anderen Regionen ein, ihre Aktivitäten und Ergebnisse hier einem internationalen Publikum vorzustellen.“

Das Schaufenster biete Berlin die Chance, „sich als technologiefreundliche, innovative  und aufgeschlossene Metropole zu profilieren, in der sich neue urbane Lebensweisen entwickeln und neue Formen der Mobilität im 21. Jahrhundert erforscht, entwickelt, erprobt und hergestellt werden.“ 21.05.2012
ho