Vorsicht beim Wetten auf negative Emissionen

MCC: Plädoyer für BECCS

Viele Klima-Modellrechnungen sehen den Einsatz der noch unerforschten Technik BECCS vor, um die Zwei-Grad-Grenze nicht zu überschreiten. Das stellt Sabine Fuss, Leiterin der MCC-Arbeitsgruppe Ressourcen und Internationaler Handel, in ihrem Artikel „Betting on Negative Emissions“ fest. BECCS ist die Kombination aus Bioenergie (BE) und dem Abscheiden und Speichern von CO2 (CCS).

Die Zwei-Grad-Grenze der internationalen Klimapolitik könnte womöglich schwerer einzuhalten sein, als bislang gedacht. Das geht aus der Analyse  hervor, die Sabine Fuss vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) kurz vor Beginn des UN-Klimagipfels in New York als Leitautorin im renommierten Fachmagazin „Nature Climate Change“ als Leitautorin veröffentlicht hat.

Laut der Auswertung gehen 85 Prozent der vom Weltklimarat IPCC untersuchten Szenarien zur Einhaltung der Zwei-Grad-Grenze davon aus, dass die Welt Technologien wie etwa BECSS für negative Emissionen einsetzt. „Bioenergy with Carbon Capture and Storage“ ist allerdings eine noch weitgehend unerforschte Kombination aus Bioenergie und CCS. Der Atmosphäre soll so CO2 entzogen werden können. Die neue Untersuchung führt die Arbeit des IPCC weiter und zeigt nun, wie sehr diese Optionen auf den tatsächlichen Einsatz von BECCS setzen: mehr als zwei Drittel der Szenarien rechnen für das Jahr 2100 mit einem BECCS-Anteil an der Primärenergie von mehr als 20 Prozent.

Unsicherer Lösungsweg

„Wir verlassen uns auf einen Lösungsweg, der große Unsicherheiten birgt. Denn derzeit steckt BECCS noch in den Kinderschuhen“, sagt Fuss, Mitglied im Lenkungsausschuss des Global Carbon Projects. „Wir können das Zwei-Grad-Ziel noch erreichen. Aber um Klarheit über Chancen und Risiken von negativen Emissionen zu erhalten und diese im industriellen Maßstab zu ermöglichen, muss unter anderem ein Fahrplan für Pilotprojekte entwickelt werden.“

Solarify fragt sich erneut, warum so viele immer noch von einem Zwei-Grad-„Ziel” sprechen: Ein “Ziel” ist etwas, was sich zu erreichen lohnt, wofür man eine Medaille bekommt, wenn man es nach langem Training endlich geschafft hat. Die zwei Grad markieren doch aber eine Grenze, die wir nicht überschreiten dürfen…

Der Weltklimarat IPCC hatte im April im dritten Teil seines neuen Berichtes gezeigt, wie der Mensch den Klimawandel bremsen kann. Auch hatte er gemahnt, dass alle technischen Optionen auf den Tisch gelegt werden sollten.  Die Autoren des Kommentars in „Nature Climate Change“ präzisieren nun die Risiken und verweisen detailliert auf vier Hürden für den umfangreichen BECCS-Einsatz:

  1. Erstens muss nach sicheren geologischen Speichern sowie nach nachhaltiger Biomasse gesucht werden, die nicht in Konkurrenz  zu anderen Zielen wie der Nahrungsmittelproduktion steht.
  2. Zweitens kommen hohe Kosten für die noch unerforschte Technologie hinzu.
  3. Drittens ist die Akzeptanz in der Bevölkerung bisher mangelhaft und
  4. viertens ist beim BECCS-Einsatz eine Wechselwirkung mit globalen Gemeinschaftsgütern wie etwa den Ozeanen ungeklärt.

„Bioenergie kombiniert mit der Abscheidung und Speicherung von CO2 wird teuer sein, während Emissionen ohne eine verbindliche Klimapolitik billig bleiben“, schreiben Fuss und ihre Kollegen von mehreren renommierten Forschungseinrichtungen. „Daher muss jegliche Strategie zur CO2-Entnahme mit einem außergewöhnlichen globalen Rahmenwerk einhergehen, das auch nationale wirtschaftliche Voraussetzungen berücksichtigt.“

Die Wissenschaftler des Global Carbon Projects sprechen sich für die Erforschung der Technologien aus, damit politische Entscheidungsträger die Risiken und Unsicherheiten besser einschätzen können: „Herauszufinden, wie sicher es ist, in der zweiten Hälfte unseres Jahrhunderts auf negative Emissionen zu wetten, um gefährlichen Klimawandel zu vermeiden, sollte oberste Priorität haben.“

Weitere Informationen:

Access: