Verkehr 2050: Lebensqualität und Klimaschutz
Mit visionären Konzepten können die Städte Bremen und Stuttgart den Autoverkehr bis zum Jahr 2050 um bis zu 40 Prozent reduzieren und bis zu 70 Prozent ihrer klimaschädlichen Emissionen senken. In seinem aktuellen Spendenprojekt zeigt das Öko-Institut, dass Städte zukunftweisende Maßnahmen für einen nachhaltigen Verkehr umsetzen können, damit attraktiver für ihre Bürgerinnen und Bürger werden und zugleich aktiv zum Klimaschutz beitragen.
Gemeinsam mit den Verantwortlichen der Städte Stuttgart und Bremen analysierten sie die Umweltauswirkungen von Maßnahmen, die bereits heute bis 2025 bzw. 2030 geplant sind und erweiterten die Klimaschutzszenarien mit weiteren Ideen für mehr Lebensqualität bis zum Jahr 2050.
Bürger- und klimafreundlich in Bremen
Bremen hat in seinem Verkehrsentwicklungsplan bis zum Jahr 2025 (VEP 2025) bereits zahlreiche Maßnahmen mit Schwerpunkten im Bereich Nahmobilität, Fahrradverkehr, öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Carsharing und Öffentlichkeitsarbeit hinterlegt. „Wir werden ein gleichberechtigtes Miteinander der unterschiedlichen Fortbewegungsmittel umsetzen“, sagte dazu Verkehrssenator Joachim Lohse. „Darum ist es notwendig, den Anteil an Fußgängern, Radfahrern und Nutzern des ÖPNV nachhaltig auszubauen.“
Der im September 2014 beschlossene Verkehrsentwicklungsplan für die Hansestadt steckt den Rahmen, um den Anteil des Autoverkehrs – gemessen an der heutigen Wegezahl – um zehn Prozent zu mindern. Gleichzeitig erhöhen sich die Anteile des ÖPNV und des mit derzeit rund 25 Prozent ohnehin schon hohen Radverkehrs und des zu-Fuß-Gehens. So kann der Autoverkehr bis zum Jahr 2050 um 42 Prozent zurückgehen und der Fahrradverkehr um 54 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010 anwachsen. Dies zeigen die Analysen des Öko-Instituts, die annehmen, dass die Bremerinnen und Bremer künftig weniger häufig mit dem eigenen Auto fahren, sondern die bis dahin deutlich ausgebauten Angebote des öffentlichen Verkehrs und das Fahrrad nutzen bzw. zu Fuß gehen. Außerdem greifen preisliche Signale und die Elektromobilität wird verstärkt genutzt.
Für die Minderung der Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 im Vergleich zu 2010 ermittelt das Öko-Institut große Potenziale für Bremen: Klimaschädliche Treibhausgasemissionen des Personen- und Güterverkehrs könnten um mehr als 60 Prozent zurückgehen. Nur auf den Personenverkehr bezogen, könnte sogar ein CO2-Minderungspotenzial von mehr als 75 Prozent in Bremen erreicht werden; 40 Prozent davon werden alleindurch Maßnahmen zur Verlagerung und Vermeidung des Autoverkehrs erzielt.
Nachhaltige und lebenswerte Mobilität in Stuttgart
Das städtische Verkehrsentwicklungskonzept 2030 und der Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ von Oberbürgermeister Fritz Kuhn sehen vor, die öffentlichen Verkehrsmittel auszubauen, den Radverkehr zu stärken, Verkehrserziehung und -überwachung zu verbessern, Parkraum zu bewirtschaften, Elektromobilität auszuweiten und Tempo 40 auf Steigungsstrecken umzusetzen. „Im Stuttgarter Stadtkessel gibt es zu viel Stau, Stress, Lärm und Feinstaub bzw. Stickoxide. Das lösen wir nicht von heute auf morgen. Mit zahlreichen Maßnahmen wollen wir die Stadt lebenswerter für alle machen“, sagt Wolfgang Forderer, Leiter der Abteilung Mobilität beim Oberbürgermeister von Stuttgart.
Mit den beschlossenen Schritten, so zeigen die Berechnungen des Öko-Instituts, kann der motorisierte Individualverkehr bis zum Jahr 2030 voraussichtlich um 12 Prozent sinken. Der ÖPNV wird gleichzeitig stärker genutzt und nimmt rund ein Viertel der Verkehrsleistung ein. Auch für Stuttgart hat das Öko-Institut weiterführende Verkehrsmaßnahmen bis 2050 überlegt: Ausbau der Radinfrastruktur insbesondere für Pedelecs, eine verstärkte Nutzung des ÖPNV, die Einführung einer Regio-Maut und eine weitere Erhöhung des Anteils an Elektromobilität.
Mit diesen und weiteren Maßnahmen kann der Autoverkehr bis 2050 um 42 Prozent zurückgehen; die Verkehrsleistung im ÖPNV auf 43 Prozent ansteigen. Der Fahrradverkehr wächst sogar um 240 Prozent bis zum Jahr 2050 im Vergleich zu 2010. Die CO2-Emissionen des Personen- und Güterverkehrs der Stadt Stuttgart können so bis zum Jahr 2050 um 63 Prozent sinken. Betrachtet man ausschließlich den Personenverkehr, können die Emissionen um 78 Prozent reduziert werden, wobei davon etwa ein Drittel durch Vermeidung von Autoverkehr und Verlagerung auf umweltfreundliche Versmittel erreicht wird.
Unterstützung des Bundes für die Kommunen nötig
„Ziel unseres Projektes, das dank zahlreicher Spenden zustande gekommen ist, war es, zu zeigen, wie Städte konkrete Maßnahmen für mehr Lebensqualität und Klimaschutz umsetzen können und wie sich das auf den Verkehr und die Klimabilanz auswirkt“, sagt Dr. Wiebke Zimmer, Leiterin des Projekts und Verkehrsexpertin am Öko-Institut. „Damit eine solche Vision Realität werden kann, spielt der Wandel der Menschen bei der Wahl des bevorzugten Verkehrsmittels eine große Rolle. Städte sollten ihre Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützen, öfter auf das Auto zu verzichten und attraktive Angebote für alternative Mobilität machen.“
Dabei brauchen aber auch die Kommunen selbst Unterstützung von Seiten der nationalen Gesetzgebung. So schlägt das Klimaschutzaktionsprogramm der Bundesregierung vor, die Straßenverkehrsordnung (StVO) zu überarbeiten. „Dies ist dringend notwendig, um die Rechte von Fahrradfahrerinnen und -fahrern sowie Fußgängern und Fußgängerinnen noch weiter zu stärken“, betont Zimmer. Für deren Sicherheit sollte zudem eine grundsätzliche Absenkung der Geschwindigkeit im Stadtverkehr angedacht werden. Außerdem sollten Kommunen bessere Möglichkeiten erhalten, Bußgelder zu erhöhen, Falschparker abzuschleppen und zugleich benötigte Carsharing-Plätze einzurichten. Nicht zuletzt brauchen Städte eine bessere finanzielle Ausstattung für eine langfristige Planung umweltfreundlicher Stadtentwicklungs- und Verkehrskonzepte.
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