Öffentliche Anhörung des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung
Im Interesse des Ressourcenschutzes muss die so genannte Produktverantwortung weiter entwickelt werden. Diese Forderung erhoben die am 17.12.2014 zu einer öffentlichen Anhörung des Parlamentarischen Beirats für Nachhaltigkeit geladenen Experten. In der Frage, ob dies durch die Schaffung von Anreizen oder eher durch verbindliche gesetzliche Regelungen erreicht werden kann, gab es unterschiedliche Ansichten.
So sprach sich Stefan Schridde vom Verein Murks? Nein danke! eindeutig für klare Regularien aus. „Wir brauchen mehr Pflichten statt Anreize“, sagte er. Dagmar Parusel von EPEA Internationale Umweltforschung GmbH vertrat die Ansicht, dass der Staat zwischen den Akteuren vermitteln und Anreize für Hersteller zur ressourcenschonenden und recycelfähigen Produktion geben solle. Stefan Wöhrl vom Verband der Automobilindustrie (VDA) plädierte für freiwillige Verpflichtungen der Hersteller.
Die Autoindustrie habe schon 1996 freiwillige Zusagen gemacht, Fahrzeuge zurückzunehmen, sagte Wöhrl. Erst fünf Jahre später sei dies auf EU-Ebene gesetzlich festgeschrieben worden. Auch weltweit habe der VDA – ohne gesetzliche Verpflichtung -. Standards auf den Weg gebracht, wie etwa die ISO-Norm für Recycling und die Kennzeichnung in Demontage-Handbüchern, welcher Kunststoff wo verbaut sei.
Mehr Verbindlichkeit bei der Produktverantwortung forderte indes Benjamin Bongardt vom Naturschutzbund Deutschland (NABU). Derzeit gebe es diese lediglich in aufgeweichter Form im Kreislaufwirtschaftsgesetz, wo die Rede davon sei, dass Produkte „möglichst“ abfallarm zu gestalten seien. Dabei sei die Produktverantwortung „das richtige Instrument für den Ressourcen- und den Klimaschutz“, zeigte sich der NABU-Vertreter überzeugt. Es gelte daher, das Kreislaufwirtschaftsrecht zu stärken und verbindlich zu machen. Zugleich sprach sich Bongardt für ein Ressourcenschutzgesetz aus.
„Der qualitative Zustand – bezogen auf die Inhaltsstoffe unserer heutigen Alltagsprodukte – ist nach wie vor für eine Vielzahl der Umweltprobleme verantwortlich“, sagte die Biologin Dagmar Parusel. Viele Inhaltsstoffe und Komponenten der Produkte seien nicht hinreichend bekannt und stellten daher eine Gefahr für Umwelt und Gesundheit dar. So fänden sich in einem Joghurtbecher 300 Chemikalien, in einer einfachen Alu-Dose mehr als 120 Chemikalien. Kreislaufwirtschaft sei mit solchen Produkten nicht möglich, sagte Parusel.
Für eine Ausdehnung der Produktverantwortung auf Haushaltsabfälle, die eine ähnliche Zusammensetzung wie Verpackungen haben, sprach sich Evelyn Hagenah vom Umweltbundesamt aus. „Wir brauchen die verbindliche Einführung einer Wertstofftonne“, sagte sie. Wichtig seien zudem Recycling-Quoten. Mit Blick auf die europäische Ebene zeigte sich Hagenah enttäuscht, dass das EU-Paket zur Kreislaufwirtschaft zurückgezogen worden sei. „Das ist kein gutes Signal“, befand sie.
Die heutigen Recycling-Quoten stammten noch aus den 1990er Jahren und seien inzwischen überholt, bemängelte Agnes Bünemann von der cyclos GmbH, einem Sachverständigenbüro für Entsorgungsfragen. „Das muss man etwas tun“, forderte sie. Schaffe man es, hier den Wettbewerb auf einem höheren Recyclingniveau zu führen, könnten dadurch auch Investitionshemmnisse überwunden und Wettbewerbsnachteile ausgeschaltet werden, sagte die Abfallexpertin.
Für ein Produktverantwortungsgesetz sprach sich Stefan Schridde vom Verein Murks? Nein danke! aus. Er warf Handel und Herstellern zugleich vor, absichtlich für eine verkürzte Lebensdauer von Produkten zu sorgen. Es sei möglich, bei gleichen Kosten deutlich längerlebige Produkte herzustellen. Die Industrie wolle dies jedoch nicht. Daher werde ein Gesetz gegen die „geplante Obsoleszenz“ benötigt. (hib/HAU)
[note Produktverantwortung bedeutet zunächst die Verantwortung eines Herstellers für sein Produkt – vor allem, wenn sich z. B. erst nach Gebrauch Fehler zeigen und Schäden entstehen wie bei Arzneimittelskandalen. Die Berufung auf die Produktverantwortung hat soll meistens die Produzenten zu größerer Sorgfalt in Design, im Ressourcenverbrauch und in der Produktion selbst anhalten. Weiter bedeutet Produktverantwortung inzwischen die den Herstellern aufzuerlegende Verantwortung für schadlose Entsorgung eines Gegenstands nach seiner Verwendung (Cradle to Cradle), wie ansatzweise in §23 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes geregelt. Zum anderen sind damit in einem viel engeren Sinne Anforderungen an das Produkt gemeint – etwa die Erwartung, dass Produkte nicht in Kinderarbeit hergestellt werden oder, dass die Produktion von Lebensmitteln die Umwelt schont. Bisher geschieht das mittels freiwilliger Gütesiegel wie „Blauer Engel“ und „Bio-Zeichen nach EG-Öko-Verordnung“, weitere im Bereich Textilien (nach Wikipedia).]
Am Anfang schon ans Ende denken – Produktverantwortung weiterentwickeln
Das verlangen die SPD-MdB Carsten Träger, Sprecher der AG Parlamentarischer Beirat für Nachhaltige Entwicklung, und der zuständige Berichterstatter Michael Thews, auf deren Initiative hin die Anhörung stattgefunden hatte: „Ziel der SPD-Bundestagsfraktion ist es, die Bestandteile eines Produktes am Ende seiner Gebrauchszeit möglichst vollständig wieder in den Produktionskreislauf zurückzuführen, um Ressourcen zu sparen. Dazu müssen Hersteller und Inverkehrbringer von Produkten stärker in die Verantwortung genommen werden. Schon beim Produktdesign und der Herstellung müssen der schonende Ressourceneinsatz, die Lebensdauer, die Wiederverwendbarkeit und die Abfallvermeidung bedacht werden. Eine möglichst leichte, effiziente und schadlose Recycelbarkeit der Produkte sollte selbstverständlich werden.
Unsere natürlichen Ressourcen sind endlich, und für die Rohstoff-Ausbeutung verschmutzen wir immer stärker die Umwelt. Dennoch gehen die Menschen nach wie vor zu sorglos mit Rohstoffen um. Der nachhaltige Umgang mit ihnen muss in allen Politikfeldern stärker Berücksichtigung finden, um die sozialen und ökologischen Folgen des zunehmenden Rohstoffabbaus einzugrenzen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird sich dafür einsetzen, die Produktverantwortung – wie wir sie heute kennen – zu einer vorsorgenden Produktverantwortung zu entwickeln. Auf diese Weise liefern wir Impulse für mehr Ressourcenschonung, Energieeinsparung und – gewinnung und Klimaschutz.“
->Quellen: