Anhörung im Wirtschaftsausschuss: Britische AKW-Förderung strittig
Während Deutschland aus der Kernenergie aussteigt, sehen andere EU-Staaten darin ein wichtiges Element im Kampf gegen den Klimawandel. Die britische Regierung hat deshalb umfangreiche Subventionen für den Bau eines neuen Kernkraftwerks am Standort Hinkley Point (siehe solarify.eu/hinkley-point-c) beschlossen und dafür die Genehmigung der EU-Kommission erhalten. In Anträgen fordern die Fraktionen Die Linke (18/4215) und Bündnis 90/Die Grünen (18/4316) nun die Bundesregierung auf, gegen diese Genehmigung vorzugehen und sich angekündigten Klagen Österreichs und Luxemburgs vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anzuschließen. Dazu nahmen nun in einer öffentlichen Anhörung vor dem Ausschuss für Wirtschaft und Energie sieben Sachverständige kontrovers Stellung – mit recht unterschiedlichen Akzenten.
Klassischer Vorwand: [[CO2]]-Reduzierung
Mark Higson, dessen Beratungsfirma für Energiefragen unter anderem für die britische Regierung tätig ist, erläuterte deren Ansatz zur Minimierung der Kohlendioxid-Emissionen. Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien spiele dabei die Kernkraft eine wesentliche Rolle, um die fossile Stromerzeugung weitgehend zu ersetzen. Denn erneuerbare Energien allein können nach Ansicht der Regierung in London die Versorgungssicherheit nicht garantieren. Da hohen Anfangsinvestitionen für den politisch gewollten Bau des neuen Kernkraftwerks von den Marktteilnehmern nicht ohne langfristige politische Garantien für die Wirtschaftlichkeit erbracht würden, müsse die Regierung hier intervenieren. Dies habe die EU-Kommission bestätigt und die Beihilfen genehmigt.
Klageaussichten skeptisch beurteilt – EU hat großen Ermessensspielraum
Thomas Müller von der Stiftung Umweltenergierecht zeigte sich skeptisch, ob eine Klage dagegen Erfolg haben könnte. Denn die EU-Kommission habe bei derartigen Entscheidungen einen breiten Ermessensspielraum, der nur begrenzt vom EuGH kontrolliert werden könne. Kritisch bewertete Müller, dass ein garantierter Abnahmepreis für den erzeugten Strom über einen Zeitraum von 35 Jahren als Investitionsbeihilfe gewertet werde. Gegen den ungewissen Erfolg vor Gericht müsse man aber die politischen Folgen abwägen, gab Müller zu bedenken und wies darauf hin, dass auch die deutschen Subventionen für den Ausbau der Erneuerbaren Energien von der EU-Kommission genehmigt worden seien.
Auch Christoph Moench, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, wies auf den Ermessensspielraum hin. Nach den europäischen Verträgen sei es allein Sache der Mitgliedsstaaten, wie sie ihren Energiemix gestalten. Darüberhinaus sei im nach wie vor gültigen Vertrag der Europäischen Atomgemeinschaft von 1957 die Förderung der Atomenergie sogar ausdrücklich festgeschrieben. Während Müller bezweifelt hatte, ob die fehlende Bereitschaft der Privatwirtschaft, auf eigenes Risiko ein Kernkraftwerk zu bauen, als Marktversagen zu werten sei, sagte Moench: „Marktversagen heißt, dass etwas am Markt nicht eingekauft werden kann.“ Wegen der politischen Unsicherheit der Kernkraft sei dies der Fall. Kein Unternehmen sei in der Lage, eine solche Investition ohne staatliche Garantien durchzuführen.
Folgt: Nach 60 Jahren noch immer kein AKW wirtschaftlich