BPA preist Koalitions-„Kompromiss“ zu Energiewende, Strommarkt und Netzausbau
Die Bundesregierung hat laut Mitteilung des Bundespresseamtes „wichtige Weichen für die Energiewende gestellt“. Braunkohlekraftwerke würden schrittweise stillgelegt, Erdkabel sollen Vorrang vor Freileitungen bekommen, teilte Energieminister Gabriel als „energiepolitische Grundsatzentscheidungen“ aus der fünfstündigen Sitzung des des Koalitionsausschusses am 01.07.2015 mit.
Die Themen Strommarkt, Förderung der Kraft-Wärmekopplung, CO2-Minderungsbetrag und Netzausbau seien eng miteinander verknüpft. Daher war es aus Sicht Gabriels auch „wichtig, sie im Zusammenhang zu beraten. Bisher hatten wir lose Zahnräder, jetzt haben wir ein Uhrwerk“, lobte der Minister und SPD-Chef das Ergebnis des Koalitionsausschusses.
Gabriel in einer Erklärung des BMWi: „Bislang liegen wir bei der Umsetzung der Energiewende voll im Zeitplan unserer 10-Punkte-Energie-Agenda. Nach langen Verhandlungen ist es uns gestern Abend gelungen, nun auch den gordischen Knoten bei den dringend anstehenden Entscheidungen zu lösen. Wir können sogar sagen, wir haben ein historisches Paket für die Energiewende und die wirtschaftliche Zukunft unseres Lande geschnürt. Jetzt kann es zügig vorangehen. Mit dem von mir vorgelegten Maßnahmenpaket stellen wir die Weichen für eine erfolgreiche Energiewende, bringen Struktur hinein und machen sie für alle Akteure planbar.“
Solarify erlaubt sich eine Oberlehrerei: Soweit noch aus der Schulzeit erinnerlich ist, bezeichnete der Gordische Knoten der Sage nach die unlösbare Verbindung der Deichsel mit dem Zugjoch am Streitwagen des phrygischen Königs Gordios. Alexander der Große schlug den Gordischen Knoten mit dem Schwert durch – er wurde also schon damals nicht „gelöst“.
CO2-Ausstoß durch Maßnahmenbündel weiter reduzieren
Die Koalition hat – trotz ihres Einknickens vor der Kohlelobby – ihr Ziel bekräftigt, den CO2-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Dafür seien „zusätzlich 22 Mio. t einzusparen“. Dies geschieht endgültig nicht mehr durch die lange diskutierte CO2-Abgabe – jetzt will die Bundesregierung ihr Ziel durch viele verschiedene Maßnahmen erreichen:
- Braunkohlekraftwerksblöcke in einem Umfang von 2,7 Gigawatt (13 Prozent der Braunkohleleistung) würden schrittweise in eine Kapazitätsreserve überführt und dann nach vier Jahren stillgelegt.
- Ergänzend zur Kapazitätsreserve habe die Braunkohlewirtschaft „verbindlich“ zugesagt, „gegebenenfalls“ zusätzlich 1,5 Mio t CO2 pro Jahr ab 2018 zu mindern. In welcher rechtlichen Form das geschehen soll, sei noch zu entscheiden. Ob die Kapazitätsreserve ausreicht und wie die Braunkohlewirtschaft die Zusage umsetzt, wird im Rahmen des Monitoring im Jahr 2018 überprüft.
- Durch die Reform des KWK-Gesetzes leiste die Kraft-Wärme-Kopplung einen zusätzlichen Minderungsbeitrag von 4 Mio. t CO2. Dabei gehe es hauptsächlich darum, Steinkohle-KWK- durch Gas-KWK-Anlagen zu ersetzen und im moderaten Umfang neue Anlagen zu fördern.
- Die verbleibenden 5,5 Mio. t CO2 würden ab 2016 durch Effizienzmaßnahmen im Gebäudebereich, in den Kommunen, in der Industrie sowie im Schienenverkehr erbracht und bis 2020 aus öffentlichen Mitteln über den Energie- und Klimafond (EKF) mit jährlich bis zu 1,16 Milliarden Euro finanziert.
Schäuble gab grünes Licht
Für alle Maßnahmen habe Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble grünes Licht gegeben, so die BPA-Mitteilung weiter. „Er war bei den Beratungen dabei“, so Gabriel. „Sonst wären die Eckpunkte das Papier nicht wert.“ Ausreichend Strom an jedem Tag Gabriel betonte, wie wichtig eine sichere Stromversorgung sei. Deshalb werde es künftig eine Kapazitätsreserve für Kraftwerke geben. „Das ist ein bisschen wie der Hosenträger zum Gürtel“, so der Minister.
Es gehe um den „eher unwahrscheinlichen Fall, dass einmal nicht genug Strom zur Verfügung steht“. Er sei sich aber sicher, dass man angesichts des neuen Strommarktdesigns gar keine Kapazitätsreserve brauche. Er betonte auch den Unterschied zu einem Kapazitätsmarkt: Bei einem Kapazitätsmarkt nehme jedes Kraftwerk am Marktgeschehen teil, bei einer Kapazitätsreserve sei das nicht der Fall. „Das ist wichtig, um die nicht den Wettbewerb zu verzerren“, so Gabriel.
Erdkabel sollen Vorrang bekommen
Erdkabel sollen beim Ausbau des Netzes Vorrang vor Freileitungen bekommen. Zudem sollen nach Möglichkeit bestehenden Trassen genutzt werden. Das ändere aber nichts am grundsätzlichen Ausbaubedarf, insbesondere vom Norden in den Süden, sagte Gabriel. Es gehe darum, günstigen Strom aus erneuerbaren Energien im Norden zu den Stromverbrauchern im Süden zu bringen.
Sicherer Ausstieg aus der Kernenergie
Gabriel berichtete auch von Gesprächen zu den Themen Rückbau der Kernkraftwerke und Entsorgung der radioaktiven Abfälle. „Die Kosten liegen in der Verantwortung der Energieversorgungsunternehmen und dabei bleibt es auch“, stellte Gabriel klar. In einem ersten Schritt werde ein Stresstest durchgeführt, um die Rückstellungen zu bewerten. Bis Ende September 2015 würden die Wirtschaftsprüfer die Testergebnisse vorlegen. Die Klärung des weiteren Vorgehens solle dann eine Kommission übernehmen, für die bis Ende November Empfehlungen vorliegen würden.
->Quelle: bundesregierung.de