Erst Ende August wieder ans Netz
Electrabel kann sein Pannen-AKW Tihange 3 bei Huy in der belgischen Provinz Lüttich nach neuen Meldungen erst am 28.08.2015 wieder hochfahren. Der Atommeiler war vor kurzem automatisch selbst herunter gefahren. Kraftwerksbetreiber Electrabel, eine Tochter des vor kurzem in Engie (Logo: aufgehende Sonne) umbenannten französischen Energiemultis GDF Suez, wollte ihn schon am 07.08.2015 wieder anschalten, besann sich aber jetzt eines Besseren – niemand weiß warum.
Zunächst hatte es von Seiten des Kernkraftwerks geheißen, am 08.08. werde wieder hochgefahren. Stattdessen teilte Electrabel jetzt mit, dass der Meiler erst wieder am 28. August ans Netz gehen solle. Gründe für die Verschiebung nannte Electrabel nicht, was das Vertrauen in den Energiemulti nicht eben stärkt.
Die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC will nach einer ersten Überprüfung des Vorgangs festgestellt haben, der Reaktor habe sich nach einem Fehlalarm abgeschaltet, Folge der Vorbereitung von Wartungsarbeiten. Wie üblich hatte eine Electrabel-Sprecherin mitgeteilt, Gefahr habe „zu keiner Zeit“ gedroht.
Schon 2006 wiesen Greenpeace-Aktivisten mit der Anbringung eines symbolischen Risses am AKW Tihange auf die Unsicherheit alter Kraftwerke hin.
Greenpeace 2015: Die Entdeckung Tausender neuer Risse an den belgischen AKW-Blöcken Doel 3 und Tihange 2 könnte ernste Konsequenzen für alle Atomkraftwerke weltweit haben. Das ist die Einschätzung zweier renommierter Materialwissenschaftler. Ein bisher unbekanntes Phänomen der Materialermüdung könnte die Risse verursacht haben – davon wären möglicherweise auch deutsche AKW betroffen.
„Globales Problem der Atomkraftwerke“
„Wie so oft bei Atomkraftwerken wurde die Tragweite des Problems offensichtlich verkannt“, sagt Heinz Smital, Kernphysiker und Atomexperte von Greenpeace. „Es ist dringend notwendig, die Risse im Metall ernster zu nehmen als bisher und weltweit umfangreiche Untersuchungen durchzuführen.“ Jan Bens, Direktor der ‚Federal Agency for Nuclear Control‘ (FANC), misst den Aussagen der Wissenschaftler große Bedeutung bei: „Das könnte ein globales Problem der Atomkraftwerke sein“, sagte Bens in einem Interview im belgischen TV Die Lösung sei, weltweit umfangreiche Inspektionen aller Atomkraftwerke durchzuführen. Greenpeace fordert nun, sämtliche 439 Reaktoren in der ganzen Welt genau zu überprüfen.
Über 13.000 Risse an marodem Meiler-Block
Rund 13.047 Risse wurden insgesamt an den Stahldruckbehältern von Doel 3 gefunden, bei Tihange 2 waren es 3.149 Risse. Dies veröffentlichte die belgische Atomaufsicht im Dezember letzten Jahres. Bereits im Jahr 2012 waren die Schäden an den Behältern erstmals entdeckt worden. Experten deuteten die Risse als Fehleinschlüsse in der Herstellung des Reaktors, sogenannte Wasserstoff-Flocken. AKW-Stahldruckbehälter beinhalten den Reaktorkern und hochradioaktiven Kernbrennstoff – sie dürfen deshalb unter keinen Umständen brüchig werden. Tihange liegt nur 70 Kilometer entfernt von Aachen. Ein atomarer Unfall an dem Pannen-Meiler hätte also auch für Deutschland gravierende Folgen (siehe www.youtube.com). Greenpeace hat in Belgien auf die Herausgabe aller Untersuchungsdokumente geklagt – und das Verfahren im Januar gewonnen. Die belgische Atomaufsicht verweigert jedoch bisher die Übergabe mit der Begründung, die Papiere zunächst auf etwaige Verschlusssachen überprüfen zu müssen.
Solarify fragt sich: Warum nur soll eine Pannenserie abreißen? Wegen einer Laufzeitverlängerung? Die Pannenserie beenden könnte doch eher das Gegenteil: Sofort für immer abschalten!]
Inzwischen (19.09.2015) berichtet Flandern Info.be von einer erneuten Abschaltung am 18.09.2015: Tihange 1 habe sich automatisch abgeschaltet. Als Grund nenne Betreiber Electrabel einen technischen Defekt an einer Wasserpumpe in einem Dampfgenerator im nicht-nuklearen Bereich der Anlage. Es handele sich um die normale Prozedur, wenn es eine Anomalie gebe, unabhängig davon, ob die sich im nuklearen Bereich oder im nicht-nuklearen Bereich des Kraftwerks zutrage. Am 13. 08.2015 hatte sich Tihange 3 nach einem Defekt automatisch abgeschaltet. Danach wurden kritische Stimmen laut, denen zufolge das Personal die Sicherheitsrisiken nicht ernst genug nehme.
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