Eurosolar konferiert über „Praxis der Energiewende“
Kontroverse Debatten zum Weißbuch, aktuelle Einschätzungen zur Marktentwicklung, kritische Auswertungen der Ausschreibungspiloten sowie Beiträge zur zunehmenden Bedeutung der europäischen Energiepolitik waren die Schwerpunkte des diesjährigen Eurosolar-Symposiums mit mehr als 80 Teilnehmern in Berlin. Erneut wurde klar, dass eine wirklich konsequente Energiewende gegen erhebliche Widerstände erkämpft werden muss.
EUROSOLAR-Präsident Prof. Peter Droege stimmte die Anwesenden auf die Veranstaltung ein und betonte in seinem Grußwort: „Energiepolitik, die eine vollständige Versorgung mit erneuerbaren Ressourcen erreichen kann, ist das höchste Gebot. Deutschlands Rolle in der Welt stellt eine Verpflichtung dar, die Energiewende entschieden fortzusetzen und sich in Brüssel, Washington, Beijing – und auch beim Klimagipfel in Paris für Energiemarktordnungen einzusetzen, die den schnellen Umstieg auf Erneuerbare Energien konsequent forcieren.“
Ein Höhepunkt der Veranstaltung war die Konfrontation zwischen Staatssekretär Rainer Baake und EUROSOLAR-Vizepräsident Dr. Fabio Longo. Die Debatte machte deutlich, dass die Zielsetzung des BMWi, die Erneuerbaren Energien mit aller Macht in einen von Subventionen völlig verzerrten Markt integrieren zu wollen und über Ausschreibungsmodelle „wettbewerblich zu gestalten“, einer Abschaffung des EEG und seiner Errungenschaften durch die Hintertür gleichkommen würde. Dadurch würde die Energiewende massiv ausbremst. Longo stellte mit den Grundzügen von #NEMO den Gegenentwurf einer Neuen Energiemarktordnung vor, wie er auch im jüngsten EUROSOLAR-Memorandum dokumentiert ist. Longo: „Die Energiewende gelingt nur, wenn die Bremse beim Ausbau Erneuerbarer Energien wieder gelöst wird anstatt sie mit den europarechtlich nicht gebotenen Ausschreibungen fest anzuziehen. Zugleich müssen mit einer Reform des Energiemarkts die Erneuerbaren Energien ins Zentrum gerückt werden. Wir brauchen daher kein auf den Stromsektor fixiertes Marktdesign („Strommarkt 2.0“) mit Subventionen für abgeschriebene Braunkohlekraftwerke. Wir brauchen endlich Rahmenbedingungen, die den Energiemarkt als Ganzes in den Blick nehmen und Barrieren zwischen den Bereichen Strom, Gas, Wärme und Mobilität abbauen. Hierfür steht unser Konzept der Neuen Energiemarktordnung NEMO.“
Die Befürchtung eines Abwürgens des EE-Ausbaus und das Verfehlen der ohnehin zu geringen Ausbauziele bestätigte sich in der Folge auch in den Beiträgen von Sandra Rostek vom Fachverband Biogas e.V. sowie von Carsten Körnig von BSW-Solar; er zeigte, dass die PV-Vergütung seit 2012 doppelt so schnell gefallen sind wie die PV-Preise, und dass die Umsätze der PV-Firmen seit 2010 um 80 Prozent eingebrochen sind.
Welche Fallstricke Ausschreibungen bereithalten und welche Milderungen die Bundesregierung in Bezug auf Ausnahmetatbestände zur Erhaltung der Akteursvielfalt in Aussicht stellen, zeigten Jens Vollprecht (BBH) und Marcel Keiffenheim (BBE e.V.) auf.
Das auch der Vorstoß der Europäischen Kommission zur Schaffung einer Energieunion mit Vorsicht zu genießen ist, stellten die Beiträge der Europaabgeordneten Martina Werner und der pointierte Beitrag von MdL Stephan Grüger heraus. Die Energiewende in den Staaten der Europäischen Union werde, so Grüger in Anlehnung an ein Zitat von Hermann Scheer, entweder dezentral oder gar nicht stattfinden. Er machte deutlich, dass der vorliegende Entwurf für eine Energieunion denkbar ungeeignet sei, um in den Mitgliedsstaaten eine Energiewende zu unterstützen oder auch nur anzuregen. Vielmehr bedürfe es grundlegender Änderungen in der Politk der Kommission, wie etwa der überfälligen Beendigung der ausufernden Subventionierung fossiler und atomarer Kraftwerke sowie EURATOM. Ob Ausschreibungen, wie vom BMWi behauptet, aus europarechtlicher Sicht geboten und unumgänglich sind, wurde dezidiert in Frage gestellt.
Auch in der abschließenden Podiumsdiskussion mit den Bundestagsabgeordneten Dr. Nina Scheer, Eva Bulling-Schröter, Oliver Krischer und Josef Göppel sowie Longo und Grüger wurde klare Kritik an den Ausschreibungsplänen geäußert und davor gewarnt, ihre Umsetzung voreilig zu akzeptieren. Denn deren Tauglichkeit konnte längst noch nicht unter Beweis gestellt werden. Vielmehr würde neben der Akteursvielfalt auch der weitere Ausbau leiden und somit in der Konsequenz auch die Notwendigkeit, den Strommarkt tatsächlich den Erfordernissen der Erneuerbaren Energien anzupassen.
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