Aber angeblich hohe Kosten für HGÜ-Kabel
Die kürzlich beschlossene weitgehend unterirdische Verlegung von Leitungen ist am 14.10.2015 im Rahmen einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Wirtschaftsausschusses zwar von den Sachverständigen gutgeheißen worden. Aber die Netzbetreiber warnten vor wesentlich höheren Kosten für die Erdverkabelung.
Tjark Bartels, Landrat des niedersächsischen Kreises Hameln-Pyrmont, erwartet hohe Akzeptanz durch den geplanten Vorrang für die Erdverkabelung. Raphael Görner von der ABB AG hob hervor, durch Erdverkabelung könnten Ressourcen geschont und die Akzeptanz erhöht werden könnte. Für die Deutsche Umwelthilfe bezeichnete Peter Ahmels den Kabel-Vorrang in Siedlungsnähe als Verbesserung des Wohnumfeldschutzes. Außerhalb von Siedlungsgebieten seien Eingriffe in den Boden genau zu prüfen. „Wenn die Erdverkabelung keine bessere Lösung darstellt, muss auch weiter eine Freileitung möglich sein“, hieß es in der Stellungnahme der Umwelthilfe. Für die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände ist die Erdverkabelung „in der Regel mit geringeren Eingriffen in das Lebensumfeld der vom Netzausbau Betroffenen verbunden und stößt auf größere Akzeptanz.“
Netzbetreiber: Verzögerungen und Mehrkosten
Die Übertragungsnetzbetreiber wiesen auf Verzögerungen bei der Umplanung, vor allem aber auf Kostensteigerungen hin: TenneT-Vertreter Lex Hartmann befürchtete gar, die jetzt notwendige Neuplanung könne den Trassenbau bis zu drei Jahren verzögern. Daher müssten Planung und Genehmigung erheblich beschleunigt werden, und das, so Hartmann wörtlich, im „Genehmigungssumpf“ Deutschland. Manche Projekte gingen noch auf das Jahr 2002 zurück.
Auch verursachten Erdkabel – behaupteten die Netzbetreiber – im Vergleich zu Freileitungen wesentlich höhere Kosten. Diese schätzte Amprion auf vier- bis zehnmal so hoch. Bei Gleichstrom liege der Faktor zwischen drei und acht. Am Beispiel der geplanten SuedLink-Trasse von Norddeutschland nach Bayern nannte TenneT die bei einem Erdkabel-Anteil von 90 Prozent zu erwartenden Mehrkosten: acht bis neun statt drei Milliarden Euro für Freileitungen. Amprion wies noch darauf hin, dass Kabel in der Höchstspannung sowohl bei Wechsel- als auch Gleichstrom deutlich höhere Nichtverfügbarkeit als Freileitungssysteme hätten. Je nach Fehlerereignis könne eine Reparatur mehrere Wochen in Anspruch nehmen. Amprion-Vertreter Klaus Kleinekorte empfahl daher auch bei der Gleichstromtechnik zunächst noch Pilotvorhaben.
„…drohen nicht mit Blackout – aber „wir sind überlastet“
Professor Lutz Hoffmann (Leibniz Universität Hannover) erklärte, die Teilverkabelung einer Freileitungsverbindung erfordere zur Vermeidung von Engpässen zusätzliche parallele Kabelsysteme sowie einen zusätzlichen technischen, finanziellen und baulichen Aufwand für die Anlagen für den Übergang vom Erdkabel zur Freileitung. TenneT-Hartmann sorgte sich über die Beanspruchung des Stromnetzes: Man drohe nicht mit Blackout. Aber „wir sind überlastet. Die Risiken werden immer größer.“
Die Kosten für die Erdverkabelung würden an die Industrie weitergereicht, beklagte Thomas Mock von Hydro Aluminium Deutschland. Diese könnten nicht eingepreist werden, denn die internationalen Wettbewerber hätten diese Kosten nicht hätten. Der „Erdkabel-Effekt“ für ein Aluminium-Werk betrage bis zu 1,2 Millionen Euro. Kostendeckelung sei bei der Erdverkabelung nicht vorgesehen.
Kleinekorte (Amprion) wies schließlich auf die seiner Meinung nach ökologischen Folgen der Erdverkabelung hin: „Der Eingriff in die Natur ist kein kleiner.“ Für den Bau eines Erdkabels müsse eine 45 Meter breite Schneise geschlagen werden. Nach Fertigstellung müsse eine 25 Meter breite Schneise bleiben. Laut deutscher Umwelthilfe sollte daher in Waldgebieten eher auf Freileitungen gesetzt werden.
Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Energieleitungsbaus (18/4655). Damit soll das Verlegen von HGÜ-Leitungen unter der Erde erleichtert werden. Die Bundesregierung will damit die Akzeptanz für den Netzausbau in der Bevölkerung stärken. Daher sollen künftig die neuen “Stromautobahnen” vorrangig unterirdisch anstatt als Freileitungen gebaut werden. Damit hat sich Bayerns Ministerpräsident Seehofer nach langer Blockade weitgehend gegen seine Koalitionspartner durchgesetzt. Der Vorrang betrifft vor allem die großen Nord-Süd-Trassen wie SuedLink oder die Gleichstrompassage Süd-Ost. Laut dem Bericht des BMWi im Kabinett zum Stand des Netzausbaus nach dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) sind von den Vorhaben ein Viertel – etwa 500 Kilometer – gebaut. In der von der Bundesregierung als Unterrichtung (18/5581) vorgelegten Stellungnahme des Bundesrates heißt es, die Ausweitung der Erdkabeloptionen im Höchstspannungsnetz sei aus Gründen der Akzeptanz des Netzausbaus und im Hinblick auf eine erforderliche Flexibilität sinnvoll und geboten. (hib/HLE)
->Quelle: bundestag.de/hib/2015