Zahlenspielerei EEG-Umlage

energie neu denken: Was könnte sinnvolle Politik für eine gerechte Energiewende erreichen?

Das Internetportal energie neu denken („für den bürgernahen Ausbau der Erneuerbaren Energien“) merkt zur Umlage-Debatte an: „Die EEG-Umlage steigt. Das liegt vor allem an den niedrigen Börsenpreisen für Strom und an den vielen befreiten Industrieunternehmen. Gabriel hatte also Unrecht. Er hat die Kostendynamik der EEG-Umlage nicht durchbrochen, wie er immer wieder behauptet. Dabei hatte er alle Möglichkeiten in der Hand.“ Solarify dokumentiert die kritischen Anmerkungen.

Zahlenspiele

Die EEG-Umlage wurde bekannt gegeben. Sie steigt wieder. Trotzdem titelt das BMWi, die „EEG-Umlage bleibt stabil“*). Angeblich sei die „Kostendynamik der vergangenen Jahre durchbrochen“. Als hätte das BMWi unter Gabriel aktiv etwas Positives geleistet! Das ist leider, allen Hoffnungen zum Trotz, nicht geschehen. Immer noch besteht das sogenannte EEG-Paradoxon. Wieder sind die Strompreise an der Börse gesunken und lassen dadurch die Umlage und damit die Stromrechnungen steigen. Die Ausnahmeregelungen der Industrie nehmen weiter zu. In einem Strompreisquiz von energie neu denken finden sich einige witzige Zahlenspiele rund um diese politischen Fehlentscheidungen. Schauen Sie doch mal rein.

Politische Fehlentscheidungen können meist verändert werden. Derzeit gehen etwa 2 Cent der Umlage auf großzügige Industrieprivilegien zurück. Der Börsenpreis macht rechnerisch rund 1,5 Cent aus. Was würde zum Beispiel passieren, wenn diese größten Preistreiber der Umlage verändert würden?

Was wäre wenn….
…die Industrie ihre Vorteile weitergibt

Große Industrieunternehmen profitieren von der Energiewende doppelt. Die meisten Unternehmen zahlen kaum Umlage und kaufen gleichzeitig ihren Strom extrem günstig ein. Von 2009 bis 2016 ist der durchschnittliche Börsenpreis – vor allem dank der erneuerbaren Energien – von 7,16 ct/kWh auf 3,13 ct/kWh (Preis laut Prognose 15.10.2015) um rund 4 ct/kWh gefallen. Würden die privilegierten Unternehmen diesen Vorteil weitergeben, indem sie 4 Cent mehr zur Umlage beitragen, also im Schnitt 4,348 Cent, und sich beim privilegierten Kraftwerkseigenverbrauch wenigstens mit 40 Prozent an den Solidarkosten beteiligen (wie es die Photovoltaik und flexible BHKWs mittlerweile müssen), dann würde die Umlage auf 5,07 Cent sinken.

Was wäre wenn: die erneuerbaren Energien einen würdigen Preis bekämen

Erneuerbare Energien sind wertvoll. Viele Kunden wären bereit, einen angemessenen Preis für echten Grünstrom zu bezahlen. Dafür kämpfen die ehrlichen Ökostromanbieter seit Jahren. Stattdessen wird der EEG-Strom an der regulären Börse verschachert. Wenn allerdings der Börsenpreis fällt, müssen die Stromkunden über die Umlage höhere Differenzkosten tragen. Außerdem ist der beliebte Grünstrom nach diesem Transfer wertloser sogenannter Graustrom. Das ist widersinnig. Stattdessen könnten die erneuerbaren Energien einen eigenen Marktplatz bekommen und wären nicht dem Preisverfall durch zu viel Braunkohle ausgesetzt. Würden sie wenigstens einen Erlös von 7 ct/kWh erwirtschaften, läge die Umlage sofort bei 4,95 Cent.

Das Weißbuch von Sigmar Gabriel versagt leider

Das Weißbuch des BMWi setzt leider weiter auf den bestehenden freien Markt, der die erneuerbaren Energien aufgrund des Preisverfalls diskreditiert und auch in Bezug auf den bestehenden Kraftwerkspark die falschen Anreize setzt. So steigt die Verstromung von Braunkohle und Gaskraftwerke gehen aus dem Markt. Klimapolitik spart das Weißbuch aus. Alte störende Kraftwerke bekommen Geld, damit sie still stehen. Die Bürgerenergiewende wird durch Ausschreibungen gestoppt und der Ausbau verteuert. Kurz gesagt: Das Weißbuch setzt sich stark für eine Verteuerung der Energiewende ein, weil es versucht die erneuerbaren Energien in den alten fossilen Markt zu pressen.

Wo muss Politik ansetzen?

Politische Maßnahmen müssen die Industrie mit ins Boot holen. Dadurch sinkt die Umlage und große Verbraucher hätten einen Anreiz ihre Lasten systemstabilisierend und kostensenkend zu verschieben. Ein angemessener [[CO2]]-Preis bevorzugt innovative, sparsame und flexible Kraftwerke. Dadurch bekommt die Energiewende eine höhere Klimarelevanz und die erneuerbaren Energien hätten die richtigen Partner im Markt. Die Strompreise an der Börse könnten moderat steigen und dadurch die Kosten der Endverbraucher senken. Und natürlich braucht ein neues System einen veränderten Markt! Im Grunde muss für eine gerechte Energiewende alles neu gedacht werden. Aber das traut sich das Weißbuch nicht. Das hat Sigmar Gabriel verpasst.

energie neu denken gUG –  energie neu denken setzt sich für den bürgernahen Ausbau der Erneuerbaren Energien ein. Die gemeinnützige Beratungsgesellschaft kämpft für eine volkswirtschaftlich sinnvolle, gerechte und sozial verträgliche Transformation des deutschen Strommarktes.

Dazu organisiert energie neu denken Informationsveranstaltungen, berät Umweltorganisationen und setzt Kampagnen für Erneuerbare Energien und gegen atomare und fossile Techniken um.

*)Anmerkung: Das BMWi stützt sich auf die Summe aus EEG-Umlage und durchschnittlichem Börsenstrompreis. Letzterer ist seit 2013 rückläufig. Für 2016 errechnet sich auf Basis der bereits bekannten Abschlüsse ein voraussichtlicher Betrag von 3,42 Cent; addiert zur EEG-Umlage ergeben sich also 9,77 Cent. 2015 lag die Summe bei 9,96 Cent, 2014 waren es 10,46 und 2013 noch 10,55 Cent. Das BMWi führt dies auf die 2014 durchgeführte Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) zurück. Kritiker kommen – je nach Sichtweise – zu gänzlich anderen Einschätzungen. (nach photon)

->Quellen: