Neustart im Wüsten-Emirat
„Dubai. Desertec lebt. Treibende Kraft dahinter: RWE.“ – so die Neue Osnabrücker Zeitung am 03.11.2015. „Warum Desertec für RWE doch noch ein Erfolg ist“, titelte Daniel Wetzel am 03.11.2015 in der Welt, und er fuhr fort: „Die Energiewende setzt RWE hart zu. Doch im Ausland schaltet der Konzern schon wieder auf Angriff. Als Sprungbrett in den Nahen Osten dient dabei eine schon verloren geglaubte Idee.“ Gemeint war „Dii“ – die von der Desertec-Stiftung angeschobene und schon totgesagte Wüstenstrom-Initiative soll den von Atomausstieg, absackenden Börsenstrompreisen und Schmäh-Kritik an der Braunkohle-Verstromung heftig gebeutelten Essenern wieder aufhelfen: Denn Deutschlands größtes EVU hatte die Energiewende veschlafen und stur auf Atom und Kohle gesetzt.
Wiederbelebt
Damals, vor knapp einem Jahr, wurde der Dii „der Stecker gezogen“ (Der Tagesspiegel). Die Münchner Zentrale musste schließen. Geschäftsführer Paul van Son zog mit nicht viel mehr als dem Namen nach Dubai um. Jetzt lebt das Projekt neu auf – „ohne große Sprüche“, wie der Koordinator sagte. Internationale Industrie-Unternehmen und die Desertec-Stiftung hatten 2009 die Idee vom Strom aus den Wüsten aufgegriffen und die Desertec Industrial Initiative – kurz Dii GmbH – gegründet. Das Medienecho war begeistert und erging sich in zahlreichen Superlativen. Die Dii trat an, um die Bedingungen dafür zu schaffen, dass Wüstenstrom in der MENA-Region (Naher Osten und Nordafrika) für den lokalen Bedarf beschleunigt produziert und dann auch auf dem Europäischen Markt angeboten werden könnte.
Dii-CEO Paul van Son: „Wir wollten mit den damals fast 60 Gesellschaftern und Assoziierten Partnern der Wüstenstromerzeugung in MENA und dem Stromaustausch mit Europa Auftrieb geben und anhand von Studien und konkreten Projekten demonstrieren, das das möglich ist.“ Das sei auch gelungen, so der holländische Energieexperte: „Wüstenstrom wurde dadurch tatsächlich als langfristig wirtschaftliche Option für die Energieversorgung in fast allen Ländern ’salonfähig‘. Inzwischen sind in der MENA-Region Ökostrom-Kraftwerke mit ca. 3 Gigawatt in Betrieb, und bis 2020 sind mehr als 30 GW geplant. Damit hat die Dii ihre erste Mission erfüllt.“
Startschuss für Neuauflage
Jetzt hat sich die Dii zurück gemeldet: Beim „Desert Energy Leadership Summit“ in Dubai, der inzwischen sechsten Jahreskonferenz, fiel im futuristischen Hotel Jumeihra Emirates Towers der Startschuss für die Neuauflage des ambitionierten Solarprojekts, am 03. und 04.11.2015 diskutierten rund 160 führende Energiemanager aus dem Nahen und Mittleren Osten sowie aus Nordafrika über Erneuerbarer Energien. Mit dabei: RWE-CEO Peter Terium, der keinen Hehl aus den geschäftlichen Ambitionen seines Konzerns in diesem Teil der Welt machte.
Die Dii werde kurzfristig die Bedingungen für Solar- und Wind-Projekte und ihre Anbindung ans Netz verbessern: „Langfristig kann man erwarten, dass steigende Mengen erneuerbarer Energie zu steigendem grenzüberschreitenden Handel und Synergien zwischen Ländern und Märkten führen werden“. In fünf Jahren werde man „2015 als Jahr der Energiewende für den Mittleren Osten bezeichnen“ sagte der Dii-Vorsitzende Thomas Altmann (Technik-Vorstand des saudischen Versorgers Acwa Power) der NOZ. „Keiner kann mehr wegdiskutieren, dass Sonnenkraft am Golf sich rechnet. Das ist jetzt eine Tatsache. Von daher ist der Erfolg in der Region nur eine Frage der Zeit.“
Laut van Son laufen inzwischen in fast allen arabischen Ländern Ausschreibungen für Solar-Parks – zwischen 50 und 800 MW, letzteres das weltgrößte geplante Solarfeld in Dubai. Und wenn Solarstrom südlich des Mittelmeeres und am Golf kostengünstig produziert werde, suche der sich, so der Holländer, von allein seinen Weg ins Ausland: „Der Markt wird das machen. Der Strom ist günstig, er kann exportiert werden, wenn die Sache rollt.“ Dass van Sons Landsmann Terium die „dritte Phase der Transformation der RWE“ in Dubai verkündete, hat einen Grund: Die Eroberung neuer Auslandsmärkte in der MENA-Region (Naher Osten, Nordafrika und die Türkei) für das Geschäft mit Erneuerbaren Energien, Netz- und Effizienztechnik.
Desertec hilft Fluchtursachen lindern
Dank der Kostensenkung der Ökostrom-Technologien gebe es heute in der MENA-Region „attraktive geschäftliche Möglichkeiten, die vor zehn Jahren noch undenkbar gewesen wären“. Er sei sicher, dass RWE als einer der größten Stromnetzbetreiber Europas gemeinsam mit der weltweit führenden State Grid of China die anstehenden Herausforderungen meistern könne, sagte Terium weiter. Mit der Entwicklung von Solar- und Windkraft-Kapazitäten trage Desertec zum nachhaltigen Wirtschaftswachstum und zum Umweltschutz in der MENA-Region bei, betonte Terium: „Es ist wohl nicht übertrieben zu sagen, dass Initiativen wie Dii dazu beitragen, die Ursachen von Flucht von Vertreibung zu bekämpfen.“
Quellen:
- welt.de
- noz.de
- schwaebische.de
- Fotos: Gehard Hofmann