Offsetting in der EU Fuel Quality Directive
Ein besonders perverses Beispiel für das problematische Offsetting von [[CO2]]-Emissionen ist die Anwendung von Ausgleichsmechanismen im Rahmen der Kraftstoffqualitätsrichtlinie der EU. Diese Fuel Quality Directive (FQD) der EU wurde 2009 überarbeitet und soll die Emissionen aus Treibstoffen bis 2020 gegenüber 2010 um 6 % reduzieren. Im Oktober 2014 hat die Europäische Kommission einen überarbeiteten Umsetzungsvorschlag vorgelegt.
Kraftstoffanbieter können demnach das 6 % Reduktionsziel erreichen, indem sie
- Biofuels beimischen,
- mehr Niedrigemissionkraftstoffe, Wasserstoff oder Elektrizität im Transportsektor nutzen oder
- Emissionen bei der Herstellung der fossilen Kraftstoffe reduzieren (sog. „upstream emissions reductions“, UERs).
Wieviel der eingeforderten 6 % aus UERs stammen werden, hängt noch von vielen Faktoren ab, aber es könnte ein ganz erheblicher Teil sein.
Interessanterweise dürfen bei diesen Emissionsreduktionen bei der Herstellung (UERs) verschiedene Offsetting-Schemes zum Einsatz kommen. Oder andersherum gesagt: Die Hersteller müssen gar nicht reduzieren, sondern können die höheren Emissionen anderweitig ausgleichen, z.B. über den CDM (Clean Development Mechanism, siehe solarify.eu/clean-development-mechanism-cdm).
Aber auch z.B. über das Alberta Offsetting Scheme, ein lokales Offsetting Scheme der kanadischen Teersandprovinz. So könnten beispielsweise europäische Kraftstoffanbieter [[CO2]]-Zertifikate aus Alberta kaufen, die dort im Zuge der Teersandproduktion entstanden sind. Registriert sind dort beispielsweise Projekte, die ein Shell Teersandprojekt mit dem Hafen und der Autobahn verbinden (warum das [[CO2]]-Emissionen einspart, ist nicht klar), oder das Gas als Nebenprodukt der Teersandförderung zur Herstellung von Strom verwendet.
Carbon Market Watch, Transport and Environment und Friends of the Earth Europe weisen in ihrem Bericht zu diesem Thema darauf hin, dass außerdem nach jetzigem Stand davon auszugehen ist, dass solche Offset-Zertifikate mehrfach verwendet werden könnten, nämlich z.B. beim EU ETS und für die FQD zugleich angerechnet werden oder verschiedene EU Mitgliedsstaaten die gleichen Offsets nutzen.
Nicht zu vergessen ist, dass die FQD es ja bekanntlich – dank effektiver Lobbyarbeit der kanadischen Regierung und der Teersandindustrie – nicht geschafft hat, einen spezifischen Wert für die Treibhausgasintensität von Teersanden zu setzen, der hoch genug wäre, um die kanadischen Teersande vom europäischen Markt fernzuhalten. Dabei hat die EC selber berechnen lassen, dass der Wert bei Teersandöl um 23 % höher liegt als bei konventionellem Öl.
Internationale Ölkonzerne sind sehr besorgt, den Zugang zum europäischen Markt für Teersandöl zu verlieren. Das liegt nicht am hohen Marktanteil. Kraftstoffe aus Teersandöl machen nämlich derzeit nur ca. 0,03 % des europäischen Kraftstoffverbrauchs aus. Aber die kanadischen Teersande sind eine der wenigen Reserven, auf die internationale Ölfirmen noch ungehinderten Zugriff haben, da die Macht staatseigener Konzerne in anderen Weltregionen die Shells, ExxonMobils und BPs dieser Welt bedroht. Die sieben größten internationalen Ölfirmen haben alle große Anteile an den kanadischen Teersanden und die Investitionen werden in Zukunft noch anwachsen. Zwar ist den Firmen inzwischen klar, dass es sich hier um äußerst riskante Investitionen handelt. Aber genau darum greifen sie nach jeder Möglichkeit, sich diese auch in Zukunft abzusichern – u.a. durch TTIP und eine Verhinderung einer effektiven Umsetzung der FQD – oder zumindest einer Perversion des eigentlichen Anliegens. (Lili Fuhr)
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