„EU-Kommission stiehlt sich aus der Verantwortung“
Besorgt und enttäuscht reagierten Umwelt- und Erneuerbare-Energie-Organisationen auf die am 02.03.2016 veröffentlichte Ergebnis-Analyse des Pariser Klimaabkommens durch die Europäische Kommission: In den Augen von Germanwatch gefährdet die Beurteilung der Kommission massiv die neue globale Klimaschutzdynamik – der Bundesverband Erneuerbare Energien kritisierte enttäuscht, die EU-Kommission ignoriere das 1,5-Grad-Ziel von Paris.
„Die Kommission scheitert bereits an der ersten Hürde nach dem Pariser Abkommen“, sagte Germanwatch-Vorstandsvorsitzender Klaus Milke. „Diese Analyse unterminiert mit ihrer Selbstgefälligkeit die internationale Aufbruchstimmung beim Klimaschutz, die Paris erzeugt hat. Die EU droht damit aus der Koalition hochambitionierter Staaten, die großen Anteil am Erfolg von Paris hatte, heraus zu fallen.“ BEE-Geschäftsführer Hermann Falk: „Ein Weiter-wie-bisher wird nicht ausreichen, um unter der Grenze von 1,5 oder 2 Grad Celsius Erderwärmung zu bleiben. Wir bedauern, dass die EU-Kommission keinerlei Versuche macht, zur Umsetzung der Ergebnisse der COP21 die klima- und energiepolitischen Zielsetzungen der Europäischen Union zu erhöhen.“
BEE: „Wertvolle Zeit geht verloren“
In einer Pressemitteilung schreibt der BEE: „Viele Worte, wenig Inhalt.“ Die Kommission rufe die Mitgliedsstaaten zwar auf, die Pariser Beschlüsse schnell zu ratifizieren. Doch neue Vorschläge, wie man den Pariser Zielvorgaben gerecht werden könne, unterbreite die Brüsseler Behörde nicht. „Der alte Klimaschutz-Pfad kann nicht zum neuen Ziel führen. Und so geht wieder einmal wertvolle Zeit im Kampf gegen den Klimawandel verloren.“
[note Die bisherigen EU-Ziele bis 2030:
- Verringerung der Treibhausgasemissionen um 40 % im Vergleich zu 1990
- mindestens 27 % EU-Energie aus erneuerbaren Quellen
- Steigerung der Energieeffizienz um 27 – 30 %
- 15 % Verbundbildung bei den Stromnetzen (d. h. 15 % des in der EU erzeugten Stroms kann in andere EU-Länder exportiert werden)]
Die EU-Kommission kommt in ihrer Mitteilung zu dem Schluss, dass das EU- Treibhausgas-Ziel zur „mittelfristigen Ambition des Paris-Abkommens“ passt – nach Auffassung von Germanwatch ein „komplettes Fehlurteil“. Vielmehr müsste die EU spätestens zum nächsten wichtigen Evaluations-Klimagipfel 2018 die Anhebung ihres schwachen Emissionszieles für 2030 signalisieren und das Ziel bis 2020 deutlich anheben, wenn sie die anderen Staaten zu mehr Ambition antreiben wolle. Dazu findet sich in der Analyse jedoch kein klares Wort. Klaus Milke: „Germanwatch fordert Umweltministerin Barbara Hendricks auf, sich von dieser absolut falschen Interpretation der EU-Klimaschutzambition deutlich zu distanzieren. Die Bundesregierung braucht außerdem endlich eine eigene Positionierung dazu, was Paris für die EU-Klimaziele bedeutet.“
Germanwatch fordert Bundesregierung zu klarer Distanzierung auf
Aus Sicht von Germanwatch liegen die EU-Emissionsziele für 2030 und 2050 weit unterhalb der Ambition, die das Klimaabkommen der COP21 vorgibt. Klaus Milke: „Die EU ist mit ihren Zielen von einer Vorreiterrolle im Klimaschutz weit entfernt. Sie liegt mit der Ambition ihrer Klimapolitik gerade einmal im oberen Mittelfeld.“ Die EU müsste ihr 2050-Ziel auf mindestens 95 Prozent Emissionssenkung aufstocken, damit sie ihren fairen Beitrag zur Erreichung des Temperaturlimits von deutlich unter 2 Grad, mit Kurs auf 1,5 Grad, leisten könne.
Eine Germanwatch vorliegende ältere Fassung des Kommissionspapiers hatte noch ganz anders argumentiert. Hier hatte die Kommission erklärt, die EU solle ihr 2030-Emissionsziel zum Klimagipfel 2020 überdenken, wenn sie andere große Volkswirtschaften zu wichtigen Ambitionsaufstockungen ermutigen wolle. „Es rächt sich nun, dass die Bundesregierung zur EU-Klimapolitik nach dem Abkommen von Paris keine eigene Position hat“, erklärt Klaus Milke. „Sie hat es so in den letzten Wochen leider versäumt, in Richtung EU-Kommission klare Signale auszusenden und damit ein Gegengewicht zur massiven Lobbyarbeit der Klimaschutz-Verhinderer aus Industrie und anderen Mitgliedsstaaten zu bilden.“
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