Atommüll wird 170 Milliarden kosten – aber nur bis 2099
Mehr als die Hälfte des aktuellen Bundeshaushalts (317 Mrd.) wird der Abriss von Atomkraftwerken und die jahrhundertelange terrorsichere sogenannte „Endlagerung“ des strahlenden Erbes einer historisch gesehen extrem kurzen Energieepoche kosten: 170 Milliarden Euro. Die hauptverantwortlichen EVU sollen davon nach dem Willen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) nur einen Bruchteil übernehmen (ca. 24 Mrd. – aber selbst das bringt sie angeblich um), der Löwenanteil wird Steuergeld sein, schrieb Ralph Bollmann in der FAZ am 02.05.2016.
Diese Summe – genau sind es unterm Strich 169,8 Mrd. – hatte die Düsseldorfer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Warth & Klein schon im vergangenen Jahr in ihrem sogenannten „Stresstest Kernenergierückstellungen“ (Langtitel „Gutachtliche Stellungnahme zur Bewertung der Rückstellungen im Kernenergiebereich„) für das BMWi ausgerechnet. Dieses veröffentlichte den Stresstest am 10.10.2015, stellte dem Gutachten aber vorsichtshalber den Satz voran, dass „Ergebnisse und Feststellungen des Gutachtens die Bundesregierung in keiner Weise präjudizieren im Hinblick auf Schlussfolgerungen und Maßnahmen in politischen, gesetzgeberischen und gerichtlichen Zusammenhängen.“
Es wird noch teurer
„Die Begutachtung umfasst die Vollständigkeit der Annahmen und Kosten“, heißt es in der Pressemitteilung der Wirtschaftsprüfer, „die rechnerische Richtigkeit der Rückstellungswerte und die Darstellung möglicher Abweichungen sowie eine überblickartige Darstellung der Vermögenswerte der Energieversorger im Hinblick auf deren Eignung für die Finanzierung der künftigen Kosten“. Und: „Diese gutachtliche Stellungnahme beruht auf Informationen und Daten externer Quellen, insbesondere von Energieversorgungsunternehmen, die wir nach bestem Wissen und Gewissen zusammengetragen und ausgewertet haben.“
Das alles gilt aber nur bis 2099. Und: „Es ist davon auszugehen, dass die künftigen Kosten steigen werden.“ Denn: „Erfahrungen mit Rückbauprojekten sowie aus der Überarbeitung früherer Entsorgungskostenprognosen deuten darauf hin, dass die gesamte Kostensteigerung von nuklearspezifischen Projekten deutlich über der allgemeinen Kostensteigerung liegt.“ Trotzdem kommen Warth & Klein zu dem Schluss, „dass die EVU in der Summe über ausreichende Vermögenswerte zur Abdeckung der Entsorgungsverpflichtungen verfügen.“ Daraus könne aber nicht geschlussfolgert werden, „dass dass die Finanzierung der künftigen Entsorgungskosten sicher ist“.
Ungerechtfertigter Optimismus im Zeitablauf
FAZ-Autor Bollmann spießt das Gutachten auf seine Weise auf: „Vor allem die Annahmen über künftige Fortschritte bei der Einrichtung eines ‚Endlagers‘ für den Atommüll muten einigermaßen abenteuerlich an. Sie beruhen nicht nur auf alten Kostenschätzungen für den Standort Gorleben aus den 1990er Jahren, die einfach mit einer jährlichen Kostensteigerung von drei Prozent hochgerechnet wurden. Sie gehen auch von der Annahme aus, dass das Lager exakt im Jahr 2054 in Betrieb gehen kann und dann bis zum Jahr 2098 die Behälter mit dem radioaktiven Material aufnimmt.“
Und er nimmt mit Recht Anstoß an der allgemein verbreiteten und immer wiederholten „Annahme, dass der Müll mit dem Jahr 2099 endgültig vergraben und vergessen ist. ‚Die veraltete Kostenermittlung für das Endlager kann nur als unbefriedigend bewertet werden‘, geben die Gutachter von Warth & Klein auch offen zu“. Daher seien „hohe Kostensteigerungen …denkbar“, im Gegensatz zu hohen Kostensenkungen – die seien „hingegen eher unrealistisch.“
Die 170 Mrd. sind also weder dem Zeitraum, noch der Summe, noch der Sicherheit der Abschätzung nach das Ende der Fahnenstange. Ganz zu schweigen davon, dass es kein sicheres Endlager gibt – siehe: solarify.eu/schweden-plant-atom-endlager-oder-es-gibt-kein-sicheres-endlager.
->Quellen: