…diagnostiziert Eric Heymann von dbresearch
„Betrachtet man die bisherigen Fortschritte bei den Teilzielen der deutschen Energiewende sowie die Herausforderungen, die in den nächsten Jahren noch anstehen, überwiegt zumindest beim Autor dieses Berichts die Skepsis, ob die Energiewende auf breiter Front gelingen wird,“ leitet Eric Heymann, Senior Economist bei Deutsche Bank Research, seine sehr ausführliche, mit zahlreichen Grafiken gespickte, kritische Zwischenbilanz der Energiewende ein. Und in der Ankündigungsmail heißt es: „Deutschland hat sich wohl zu viel in zu kurzer Zeit vorgenommen. Wir sehen vor allem vier limitierende Faktoren: Kosten, physikalische Grenzen, das verfügbare Zeitbudget sowie die politische Machbarkeit.“
Die Energiewende in Deutschland ist (nicht nur Heymanns einleitender Beurteilung zufolge) bislang vor allem eine Stromwende. Der Ausbau der Erneuerbaren komme aufgrund des EEG im Stromsektor schnell voran – aber das sei mit steigenden Systemkosten verbunden; auch die Anforderungen an die Versorgungssicherheit nehmen zu. Strom sei aber nur zu 21% am Endenergieverbrauch beteiligt. Außerhalb des Stromsektors (Wärme- und Verkehrssektor) spielten die „neuen“ Erneuerbaren (Windkraft und Photovoltaik) nur eine kleine Rolle; ihr Anteil am Primärenergieverbrauch habe 2015 zusammen bei 3,7% gelegen. „Das Ausbaupotenzial der bislang wichtigsten erneuerbaren Energieform, der Bioenergien, ist allerdings begrenzt“, konstatiert Heymann.
Bislang setze der Staat auf staatliche Fördermaßnahmen und Ordnungsrecht. Diese Instrumente seien aber „häufig ökonomisch ineffizient und/oder führen zu Eingriffen in Eigentumsrechte und Wahlfreiheiten. Da die Kosten der Energiewende ein limitierender Faktor sind, sollten die vorhandenen Mittel so eingesetzt werden, dass sie den höchsten Nutzen stiften. Ein reformiertes (mindestens) europäisches Emissionshandelssystem wäre hierfür geeignet.“
Heymanns Fazit und Ausblick
Das Jahrhundertprojekt Energiewende binde immense Kapazitäten bei allen Stakeholdern. Angesichts vieler Unsicherheiten über das Ausmaß des technischen Fortschritts, unterschiedliche politische Prioritäten oder die Entwicklung der Energienachfrage und -preise sei es verständlich, dass in der Literatur die Einschätzungen, ob und wie die Energiewende gelingen könne, weit auseinander gehen. Bei Heymann „überwiegt …die Skepsis, ob die Energiewende auf breiter Front gelingen wird“. Denn Fortschritte würden fast nur unter starken Förderregimen oder strengen Auflagen erzielt. Deutschland habe sich „wohl zu viel in zu wenig Zeit vorgenommen. Es fällt nicht leicht, ein solches Urteil zu fällen, denn die grundsätzliche Idee der Energiewende ist angesichts des Klimawandels und auch der Endlichkeit fossiler Energien überzeugend“.