Wenige Befreiungen
Bundesfinanzminister Schäuble plant offenbar, Ökostrom ganz allgemein und vollständig mit der Stromsteuer zu belasten, schreibt das Photovoltaikforum. Für Betreiber von PV-Anlagen würde das bedeuten, dass auch auf selbst genutzten und an Abnehmer in der Nähe gelieferten Solarstrom künftig die Steuer bezahlt werden muss. Befreit werden sollen nach Plänen des BMF lediglich Erzeuger von höchstens 20.000 kWh Strom im Jahr unter der Bedingung, dass die Energie in unmittelbarer räumlicher Nähe verbraucht wird.
Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf zur Novellierung des Stromsteuergesetzes vorgelegt, der sieht „grundsätzlich eine Besteuerung von Strom vor, der in Anlagen aus erneuerbaren Energien erzeugt wird“. Da auf Ökoenergie, die ins öffentliche Stromnetz gespeist wird, ohnehin seit Jahren die Stromsteuer geschlagen wird, stehen damit zwei andere Verbrauchsmodelle im Fokus: der Eigenverbrauch und die Lieferung von Ökostrom an Nachbarn, Mieter oder andere Kunden, die im Umkreis wohnen.
Die Steuerpflicht soll so auf alle Erneuerbare-Energien-Anlagen beziehungsweise den in diesen erzeugten Strom ausgedehnt werden. Da es in Deutschland aber rund 1,5 Millionen PV-Anlagen gibt, hat das BMF gemerkt, dass der bürokratische Aufwand riesig wäre. „Um eine verwaltungsökonomische Besteuerung zu ermöglichen“, sollen nach dem neu zu schaffenden Paragraphen 8e diejenigen Anlagenbetreiber befreit werden, die im Jahr maximal 20.000 kWh Strom aus Erneuerbaren Energien erzeugen, der in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Anlage entnommen und nicht in ein öffentliches Stromnetz gespeist wird.
Solarbranche empört – dringt auf rasche Änderung
Die Solarbranche zeigte sich am 23.09.2016 empört: „‚Verkehrte Welt‘ im Bundesfinanzministerium“ lautete die Überschrift über einer Pressemitteilung des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar): „Die Stromsteuer wurde eingeführt, um die Energiewende zu beschleunigen, nicht sie zu bremsen. Eine Ökosteuer auf Solarstrom zu erheben, wäre ein Schildbürgerstreich und würde den Zweck des Gesetzes auf den Kopf stellen“, so Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig.
Der Referentenentwurf sieht vor, neue und bestehende solare Eigenstromerzeuger mit der Steuer in Höhe von 2,05 Cent je Kilowattstunde zu belasten. „Die Regelung würde große Teile des Solarstrommarktes auf einen Schlag unrentabel machen“, so Körnig. Bereits heute wären mehr als 100.000 Anlagen mittelständischer Betriebe, Landwirte und genossenschaftlicher Betreiber betroffen. Von der Steuer ausgenommen wären nach den BMF-Vorschlägen nur sehr kleine Solarstromanlagen im Eigenheimbereich.
Körnig: „Die Bundesregierung sollte sich darauf konzentrieren, nach den Beschlüssen des Klimagipfels in Paris Hindernisse für Ökostrom ab- und nicht aufzubauen. Die Solarwirtschaft erwartet, dass der absurde Vorschlag dieser ‚Sonnensteuer‘ schnell wieder kassiert wird, auch um eine Verunsicherung im Markt zu verhindern.“ Die für Energie und Klima zuständigen Ressorts im Wirtschafts- und Umweltministerium müssten den Referentenentwurf des BMF stoppen, auch im Interesse der ebenfalls betroffenen Kraft-Wärme-Koppelung (KWK), so Körnig.
2016: Regierung verfehlt zum dritten Mal selbst gesteckten Ausbauziele für Solarstrom
Während im Ausland die PV-Nachfrage inzwischen massiv vorangetrieben wird, gerät sie in Deutschland zunehmend ins Stocken. 2016 droht das dritte Jahr in Folge zu werden, in dem die von der Regierung selbst gesteckten Ausbauziele für Solarstrom deutlich verfehlt werden.
Der Referentenentwurf muss jetzt zunächst vom Bundeskabinett beschlossen werden und wird dann im Bundestag beraten. Läuft der Gesetzgebungsprozess reibungslos, wird das Gesetzespaket wohl noch in der zweiten Jahreshälfte in Kraft treten.
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