Streit um Brennelementesteuer
Auch die CDU/CSU betonte damals, die Steuer sei aus ökonomischen wie ökologischen Gründen richtig und zielführend. Es handele sich um einen Subventionsabbau mit dem Ziel, die direkte Bevorzugung der Atomindustrie zu beenden. Diese sei zum einen nicht von den Kosten des Emissionshandels betroffen, zum anderen erzeuge sie hohe Folgekosten durch den bevorstehenden Rückbau der Atomkraftwerke sowie die Lagerung des Atommülls.
Der Deal: Laufzeitverlängerung gegen Atomsteuer
Die Brennelementesteuer war aber gleichzeitig Teil eines Kuhhandels zwischen der Bundesregierung und den Energiekonzernen: Sie wurde von den Konzernen nur als Gegenleistung für die im Herbst 2010 genehmigte Laufzeitverlängerung akzeptiert. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hatte damit den im Jahr 2000 beschlossenen Atomausstieg rückgängig gemacht. Diese politische Entscheidung hatte jedoch nur kurze Lebensdauer, denn nach dem Atomunglück in Fukushima kam die Rückkehr zum Atomausstieg.
Daraufhin klagten die Energieunternehmen gegen die Brennelementesteuer – mit der Begründung, diese sei durch die Rücknahme der wenige Monate zuvor beschlossenen Laufzeitverlängerung nicht mehr rechtmäßig. Vor Gericht bezweifelten sie, dass der Bund überhaupt die Kompetenz zum Erlass einer solchen Steuer habe und sahen die Abgabe als einseitige Belastung einer Form der Energiegewinnung sowie als neben der Umsatzsteuer unzulässige zusätzliche Verbrauchssteuer auf Strom. Der Hamburger Finanzgerichtshof folgte dieser Argumentation und legte die Klage sowohl dem Verfassungsgericht als auch dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Überprüfung vor.
Rechtmäßigkeit der Steuer bestätigt
Letzterer urteilte aber im Juni 2015 im Sinne des Gesetzgebers: Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass es sich weder um eine unzulässige Strom- noch um eine unzulässige Verbrauchssteuer handele. Auch stelle die Brennelementesteuer keinen Verstoß gegen die EU-Energierichtlinie sowie das EU-Wettbewerbsrecht dar. Eine Ungleichbehandlung der Atomkraft gegenüber anderen Formen der Energieerzeugung sei zudem gerechtfertigt, so der EuGH, da hier Jahrtausende lang strahlender Atommüll anfalle, der in Zukunft mit hohen Kosten für die Allgemeinheit verbunden ist. Auch das Finanzgericht Baden-Württemberg wies die Klage der Atomkonzerne zurück. Nun steht noch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus, das in den nächsten Wochen erwartet wird.
Es geht nicht nur um viel Geld
Abgesehen von den Staatseinnahmen in Milliardenhöhe hat die Besteuerung noch einen weiteren positiven Effekt: Das AKW Grafenrheinfeld (re.) etwa wurde früher vom Netz genommen als vom Gesetzgeber gefordert. Wegen des fälligen Brennelemente-Wechsels und der damit verbundenen Steuerzahlung hatte E.ON auf die restliche Laufzeit verzichtet. Durch die Brennelementesteuer wäre der weitere Betrieb unrentabel geworden. Mit der Abschaffung der Steuer hingegen könnten die Atomkraftwerke, solange sie noch in Betrieb sind, wieder satte Gewinne einfahren. Die Unternehmen hätten dadurch einen Anreiz, eine weitere Laufzeitverlängerung zu erwirken.
Mit der Brennstoffsteuer tragen die Konzerne zumindest einen Teil der schon jetzt anfallenden externen Kosten sowie der künftig fällig werdenden immensen Folgekosten mit, die ansonsten der Allgemeinheit aufgebürdet werden. Zudem steigt der Anreiz, die Atommeiler sogar früher als von der Regierung gefordert vom Netz zu nehmen, da jeder Brennstoffwechsel den Weiterbetrieb verteuert und unrentabel macht.
Laut Gesetz ist die Atombrennstoffsteuer bis Ende 2016 befristet. Doch gab es von Anfang an keinen plausiblen Grund dafür, die Steuer schon nach wenigen Jahren wieder abzuschaffen. Die Unionsparteien wollen dennoch daran festhalten und den Atomkonzernen mit der Befreiung von dieser Steuer ab 2017 ein Milliardengeschenk machen.
Brennelementesteuer bis zum Ende der Laufzeiten erheben
Das Umweltinstitut fordert hingegen: Die Brennelementesteuer muss bis zum Ende der Laufzeiten erhoben werden. Der Staat darf nicht auf die Einnahmen verzichten. Die Folgekosten der Atomkraft, etwa für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Endlagerung der Jahrtausende lang strahlenden Atomabfälle werden noch immense Summen verschlingen. Die Rückstellungen, die von den Konzernen dafür einkalkuliert wurden, werden bei Weitem nicht ausreichen – falls sie überhaupt zur Begleichung der Kosten eingesetzt werden. Die Energiekonzerne setzen derzeit alles daran, sich aus den Zahlungsverpflichtungen zu stehlen. So haben E.ON und RWE beispielsweise bereits die Auslagerung von großen Geschäftsbereichen beschlossen.
Die niedersächsische Landesregierung will sich im Bundesrat für eine Verlängerung der Brennelementesteuer einsetzen. Die SPD hatte bereits in ihrem Wahlprogramm von 2013 gefordert, die Steuer über 2016 hinaus zu erheben und sogar eine Erhöhung angemahnt. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach sich im letzten Jahr nach dem EuGH-Urteil ebenfalls erneut für eine Entfristung aus.
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