Fatale Folgen unbedachter Umweltpolitik
Speiseöle an der Zapfsäule: Mit dieser Idee wollte die Politik den Umweltschutz in Deutschland voranbringen. Doch der rasant steigende Bedarf an Palmöl führt zu großflächigen Rodungen des Regenwaldes. Sind Soja oder Raps eine Alternative? Der Lebensmittelchemiker und Sachbuchautor Udo Pollmer bleibt im Deutschlandradio Kultur in einem polemischen Zwischenruf skeptisch.
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Umweltschützer fordern die Lebensmittelindustrie auf, endlich auf das billige Palmöl zu verzichten. Schließlich könne sie ja auf andere, wenn auch teurere Öle zurückgreifen, und schon habe die Welt ein Umweltproblem weniger. „So einfach, wie logisch“ (Pollmer). Der enorme Bedarf an Speiseöl sei vor gute zehn Jahren aus der Idee von Klimaschützern entstanden, diese hätten „die monströse Idee in die Tat umgesetzt, Speiseöl statt Mineralöl in den Tank zu packen und Heizkraftwerke damit zu befeuern“.
Damals habe das massenhafte Verheizen von Palmöl in Deutschland begonnen. Die Nachfrage nach Ölen sei infolge der EEG-Reform 2004 „massiv gestiegen und nun muss dieses Öl auch erzeugt werden. Der Hang zum Palmöl kommt daher, dass die Erträge pro Hektar die höchsten sind. Deshalb ist es auch so billig. Würde man auf die Palmen in Südostasien verzichten, so müsste man andernorts weitaus größere Gebiete roden, um unserem Alptraum von der grünen Energie vom Acker näher zu kommen“.
Falls wir auf Importöle für Biodiesel verzichten wollten, um die tropischen Wälder zu schonen, müssten wir im eigenen Land Ölpflanzen anbauen. Diese Flächen seien dann aber der Nahrungsproduktion entzogen und bewirken einen Preisanstieg für Lebensmittel. Bei der Gewinnung von Rapsöl zur Herstellung von Biodiesel fielen in Deutschland jährlich Millionen Tonnen Presskuchen an. Sie seien für den Menschen ungenießbar und landen deshalb im Futtertrog der Kühe. Mehr Energie vom Acker erzwinge „eine Ausweitung der Tierhaltung, um wenigstens einen Teil der Ernte noch für Nahrungszwecke nutzen zu können“.
Doch die Energiebilanz beim Rapsdiesel könnte deutlich besser sein. Aufgrund einer Medienkampagne seien Neonicotinoide als Beizmittel für Rapssaat verboten worden, eine Gruppe von Insektiziden, die für Säugetiere ungiftig seien. Von dem Verbot profitiere aber vor allem der Rapserdfloh, der seither nur noch schwer zu bekämpfen sei. Dabei habe das Verbot die – die dadurch gar nicht gefährdeten – Bienen schützen sollen. Das Verbot habe Gewinner wider Willen hervorgebracht: Die Hersteller von Pflanzenschutzmitteln. Denn das Verbot der Neonicotinoide habe den Absatz anderer Insektizide im Rapsanbau vervierfacht. Ersatzstoffe seien nun zum Beispiel Pyrethroide – die seien „aber so bienengiftig, dass die Bienen, falls sie noch können, freiwillig das Weite suchen“.
Pollmers Fazit: „Die Folgen einer unbedachten Umweltpolitik können fatal sein – nicht nur für die Regenwälder, sondern gleichermaßen für die edlen Spender, die mit ihren milden Gaben an Umweltschützer die Idee von der grünen Energie vom Acker erst hoffähig gemacht haben. Mahlzeit!“
->Quelle: deutschlandradiokultur.de
Literatur
- Zimmermann M: Jedes zweite Supermarktprodukt enthält schädliches Palmöl. Welt Online 12. Mai 2016
- Lehner J: Tolles Produkt mit Nebenwirkungen: Das schmierige Geschäft mit Palmöl. Nachrichten.at 17. Mai 2016
- Agrarheute.com: Seit Neonikotinoid-Verbot: Insektizid-Einsatz vervierfacht. Meldung vom 13. April 2015
- Keckl G: Mehr Aufwand, weniger Fortschritt. Klargelegt, DLZ vom 22.12.2014
- Glas M: Maßnahmen gegen den Rapserdfloh. Haben Insektizide Beizmittel eine Zukunft? 63. Baden-Württembergischer Pflanzenschutztag, Wolpertshausen 16. Februar 2016
- Rettet den Regenwald e.V.: Palmöl. Retrieved 1. Juni 2016
- Greenpeace: Dauergifte in der Umwelt: Pyrethroide. Wien, 4. März 2011
- Holdinghausen H: Energie vom Acker: Potential für Mais und Raps. TAZ vom 15. Februar 2013
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