Große Koalition verabschiedet Paket – Umweltverbände erwarten Widerstand bei Wiederaufnahme von Sandstein-Fracking
Der Bundestag hat am 24.06.2016 ein Fracking-Gesetzespaket verabschiedet. Aus Sicht des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR) mit seinen Mitgliedsorganisationen hat die Große Koalition „damit die Etablierung eines umfassenden gesetzlichen Fracking-Verbots versäumt“- so eine gemeinsame Pressemitteilung von DNR, BUND, Campact, DUH, Robin Wood, Umweltinstitut München, Power Shift, Food & Water Europe und Bürgerinitiative Lebenswertes Korbach.
Dennoch stellen die Regelungen nach Ansicht der Verbände eine Verschärfung des Genehmigungsrechts für Fracking-Vorhaben dar, die vor allem durch den breiten Widerstand der Zivilgesellschaft gegen den Einsatz dieser Risikotechnik erwirkt worden sei. Angesichts des großen öffentlichen Drucks für ein Fracking-Verbot hätten die Abgeordneten von Union und SPD den ursprünglichen Referentenentwurf verschärft und ein faktisches Verbot für Fracking in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein beschlossen. Allerdings sollen mit Zustimmung der jeweiligen Bundesländer vier Fracking-Probevorhaben in diesen Gesteinsformationen möglich sein. Zudem soll das Verbot schon 2021 erneut durch den Deutschen Bundestag überprüft werden.
Das neue Fracking-Gesetz – Mit den Stimmen von Union und SPD verabschiedete der Bundestag das Gesetz zur Änderung auf Fracking bezogener wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften (18/4713, 18/4949) und bergbauliche Neuregelungen (18/4714, 18/4952), die ebenfalls zum Fracking-Gesetzespaket gehören. Die Große Koalition hatte erst drei Tage zuvor mitgeteilt, man habe sich über das auch in der Koalition mehr als ein Jahr umstritten gewesene Thema geeinigt. Oppositionsvertreter kritisierten das „Hau-Ruck-Verfahren“, das wenig Zeit zum Prüfen erlaube. Zudem forderten beide Fraktionen ein generelles Fracking-Verbot. Zu den wesentlichen Änderungen der Koalitionsfraktionen im Vergleich zum Regierungsentwurf gehört ein im Wasserhaushaltsgesetz verankertes generelles Verbot des unkonventionellen Frackings (im Regierungsentwurf nur für oberhalb von 3.000 Meter Tiefe).
Ausnahmen sind jetzt nur für insgesamt vier „Erprobungsmaßnahmen“ (früher unbegrenzt) erlaubt – zur wissenschaftlichen Untersuchung der Frage, wie sich der Technologieeinsatz auf die Umwelt, „insbesondere den Untergrund und den Wasserhaushalt“, auswirkt. Im Regierungsentwurf war die Zahl nicht begrenzt. Zudem muss nach der geänderten Fassung nun auch die betroffene Landesregierung der „Erprobungsmaßnahme“ zustimmen. Auch die Rolle der schon im Regierungsentwurf vorgesehenen Expertenkommission ist durch den Änderungsantrag der Koalition neu justiert worden. Sie hat nun nicht mehr die Möglichkeit, den gegebenenfalls beantragten Einsatz unkonventionellen Frackings für unbedenklich zu erklären (vorher eine der Grundlagen für eine Ausnahmegenehmigung seitens der zuständigen Behörden). Die Kommission soll vielmehr nur noch an Öffentlichkeit und Bundestag berichten.
Erlaubnisfähiges Fracking schränkt die veränderte Fassung auch für Einzugsgebiete eines Mineralwasservorkommens, einer Heilquelle sowie einer „Stelle zur Entnahme von Wasser zur Herstellung von Lebensmitteln“ ein. Weitere Änderungen sind unter anderem im Hinblick auf die Ablagerung von Lagerstättenwasser vorgesehen. Der Bundestag ist nach dem geänderten Gesetzentwurf im Jahr 2021 dazu aufgerufen, die Angemessenheit des generellen Verbotes „auf der Grundlage des bis dahin vorliegenden Standes von Wissenschaft und Technik“ zu überprüfen. Nach: http://www.bundestag.de/presse/hib/201606/-/429076
Tight-Gas-Fracking explizit erlaubt
Fracking in dichtem Sandstein, sogenanntes Tight-Gas-Fracking, monieren die Naturschützer, werde hingegen explizit erlaubt und wäre selbst in „Natura 2000“-Gebieten möglich. Wesentliche Reformen des Bundesberggesetzes blieben aus, so dass die Rohstoffgewinnung weiterhin Vorzug vor anderen öffentlichen Interessen habe. Durch die Einführung einer UVP-Pflicht für Fracking-Vorhaben würden immerhin Beteiligungsrechte für betroffene BürgerInnen und Gemeinden geschaffen. Die absehbare Beendigung des seit fünf Jahren bestehenden Fracking-Moratoriums werde zu erheblichem lokalen Widerstand führen, der durch diese Beteiligungsrechte im Genehmigungsverfahren neues Gewicht bekomme.
Mit der Schaffung des Kunstbegriffs „konventionelles Fracking“ suggeriere die Große Koalition sogar, dass Fracking in Sandstein weniger gefährlich sei, da es schon seit mehreren Jahrzehnten in Deutschland praktiziert wird. Erdbeben, Boden- und Grundwasserverunreinigungen sowie eine erhöhte Zahl von Krebserkrankungen in deutschen Erdgasfördergebieten deuten allerdings auf das Gegenteil hin. Diese Gefahren gehen vom Einsatz der Fracking-Technik an sich aus und nicht von der Lagerstätte oder dem Gesteinshorizont, in denen sie eingesetzt wird.
„Umweltschutzorganisationen haben seit Jahren auf die Gefahren von Fracking hingewiesen und ein generelles Verbot gefordert. Das heute beschlossene Gesetzespaket ist ein erster Schritt in diese Richtung, nun müssen weitere Schritte folgen. Nur ein komplettes Fracking-Verbot schafft umfassenden Schutz von Mensch und Natur vor den Gefahren dieser Technik“, erklärte DNR-Präsident Prof. Dr. Kai Niebert. „Auch um die in Paris vereinbarten Klimaziele zu erreichen, braucht es ein klares Verbot jeder Art des Erdöl- und Erdgasfrackings. Statt durch Tight-Gas-Fracking weitere fossile Energieträger zu erschließen, muss die Bundesregierung die Energiewende konsequent und entschlossen umsetzen. Das Gebot der Stunde heißt Energie einsparen, Effizienz steigern, und erneuerbare Energien naturverträglich ausbauen.“
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