Wegen irreführender Werbeaussagen beim Landgericht Frankfurt
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) will die fortgesetzte Verbrauchertäuschung von Fiat-Chrysler Deutschland bei der Bewerbung des mit illegalen Abschalteinrichtungen angebotenen Fiat 500x 2.0 Diesel verbieten lassen. Obwohl dieser SUV zu den schmutzigsten Diesel-Pkw in Deutschland überhaupt zählt und nach 22 Minuten Betriebszeit Abschalteinrichtungen aktiviert (Prüfung dauert 20 Minuten), wirbt das Unternehmen mit „niedrigen Emissionen“, „geringem Schadstoffausstoß“ und „umweltfreundlichem Motor“.
Am 09.02.2016 veröffentlichte die DUH alarmierende Messergebnisse mit bis zu 22fachen Grenzwertüberschreitungen beim Fiat SUV 500x 2.0 D. Nachmessungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) bestätigten die extrem hohen Emissionen. Im Rahmen der Ermittlungen gegen Bosch als Hersteller der Motorsteuersoftware wurden schließlich illegale Abschalteinrichtungen gefunden. Am 20.05.2016 leitete das Bundesverkehrsministerium daher ein Verfahren zur Überprüfung bzw. Aberkennung der Typzulassung ein.
Da der Automobilhersteller Fiat-Chrysler Deutschland (FCA Germany AG) der Aufforderung zu einem sofortigen Verkaufsstopp nicht nachkam und das 30.000 Euro teure Modell sogar weiterhin mit verbrauchertäuschenden Werbeaussagen bewirbt, forderte die DUH Fiat am 24.05.2016 dazu auf, falsche Aussagen zur angeblichen Umweltfreundlichkeit und der Einhaltung der Abgasnorm Euro 6 zu unterlassen und zudem auf das laufende Verfahren zum Entzug der Typzulassung aktiv hinzuweisen. Fiat Chrysler Deutschland verweigerte die Abgabe einer entsprechenden strafbewehrten Unterlassungserklärung gegenüber der DUH am 02. 06.2016. Um die fortgesetzte Täuschung der Verbraucher zu stoppen, reichte die DUH gestern, am Dienstag 5. Juli 2016, eine Unterlassungsklage gegen Fiat-Chrysler Deutschland wegen irreführender Werbeaussagen am Landgericht Frankfurt am Main ein.
Fiat bewirbt das Fahrzeug mit den falschen Qualitätsversprechen „niedriger Emissionen“, „geringem Schadstoffausstoß“ und einem angeblich „umweltfreundlichen“ Motor, der eine „möglichst geringe Umweltbelastung“ zur Folge habe. Überdies bewirbt Fiat das Fahrzeug mit der Einhaltung der Abgasnorm Euro 6, obwohl auch dies nicht zutrifft. Ziel der Klage ist es, dem Autobauer zu untersagen, diese irreführenden Werbeaussagen für den Fiat 500x 2.0 Diesel weiter zu verbreiten.
„Dreister Betrug mit absurden Werbesprüchen“
DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch prangert an: „Fiat betrügt seine Kunden besonders dreist. Der Fiat 500x 2.0 ist einer der schmutzigsten Diesel-Pkw überhaupt. Gegenüber einem sauberen Euro 6 Benzin-Pkw sind die Stickoxid-Emissionen 50-mal höher und mitverantwortlich für tausendfache Lungen und Kreislauferkrankungen gerade bei Kindern, Alten und Kranken. Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet der frühere Präsident des europäischen Automobilverbandes, Fiat-Chef Sergio Marchionne offensichtlich keinerlei Schamgefühl kennt und den Verkauf dieser Dieselgiftschleudern nicht sofort einstellt“.
Und Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Prozess vertritt: „Die Werbeversprechen von Fiat für dieses Fahrzeug sind geradezu absurd. Suggeriert wird ein Querfeldein-SUV, der auch in der Stadt schadstoffarm wie ein Fahrrad daherkommt. Dass dies mit der Realität nicht einmal ansatzweise etwas zu tun hat, haben die vorliegenden Abgasmessungen gezeigt. Wenn Fiat nicht freiwillig einlenkt, müssen sie eben durch Gerichte dazu gezwungen werden“.
Skala des Messgeräts reichte nicht aus
Die DUH hat im Februar 2016 bei der Berner Fachhochschule Abgasmessungen an einem Fahrzeug dieses Typs durchführen lassen. Die Messungen ergaben bis zu 22-fach höhere Werte bei den Stickstoffoxid-Emissionen als sie nach dem offiziellen Grenzwert zulässig sind. Für Pkw mit Dieselmotor gilt nach der Euro 6 Abgasnorm ein Stickstoffoxidgrenzwert von 80 mg/km. Im Test reichte sogar die Skala des Messgeräts nicht mehr aus, so hoch waren die gemessenen Werte. Die DUH übergab daraufhin ihre Messergebnisse dem KBA.
Eine Nachprüfung des KBA kam zu dem Ergebnis, dass das Emissionskontrollsystem des Fahrzeugs nicht nur bei Temperaturen von knapp unter + 20 Grad Celsius (der Prüfzyklus erfolgt bei knapp über + 20 Grad Celsius), sondern auch nach einer Fahrtzeit von 1.300 Sekunden (und somit nach knapp 22 Minuten, der Prüfzyklus dauert ca. 20 Minuten) abschaltet. Im Übrigen schaltet auch der NOx-Speicherkat nach sechs Regenerationen ab. Da die Fahrzeuge somit nicht der (in Italien erteilten) Typgenehmigung für das Modell entsprechen, hat das KBA ein Verfahren nach Art. 30 Abs. 3 der Richtlinie 2007/46/EG eingeleitet.
Mit Schreiben vom 20.05.2016 hat das KBA im Zusammenhang mit der Typgenehmigung des Modells Fiat 500x 2.0 die italienische Typgenehmigungsbehörde aufgefordert, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die hergestellten Fahrzeuge mit dem genehmigten Typ in Übereinstimmung gebracht werden. Damit steht fest, dass auch das KBA überzeugt davon ist, dass der Fiat 500x 2.0 die Anforderungen der Emissionsnorm Euro 6 nicht erfüllt.
Schwere Vorwürfe erhebt die DUH insbesondere gegen den Fiat Chrysler Chef Sergio Marchionne. Als Präsident des Europäischen Automobilverbandes ACEA hat er in den Jahren 2011 bis 2014 einen besonders engen Kontakt zum damaligen EU-Industriekommissar Antonio Tajani gepflegt und erfolgreich die Einführung eines neuen Testzyklus (WLTC) sowie eines ambitionierten Straßentests (RDE) verzögert bzw. verhindert. Aktuell ignoriert Marchionne die von der DUH am 09.02.2016 erstmals veröffentlichten und im Rahmen amtlicher Nachtests durch das Kraftfahrt-Bundesamt bestätigten illegalen Abschalteinrichtungen. Fiat nutzt für die Motorsteuerung eine Bosch-Software. In dieser wurden neben Temperaturabschaltungen knapp unter +20 Grad Celsius zwei weitere eindeutig illegale Abschalteinrichtungen gefunden. So schaltet die Abgasreinigung nach 1.300 Sekunden (nach knapp 22 Minuten, der NEFZ-Prüfzyklus dauert ca. 20 Minuten) und nach sechs Regenerationen des NOx-SpeicherKats weitgehend ab.
->Quellen:
- duh.de/deutsche-umwelthilfe-verklagt-fiat-chrysler-deutschland
- Zur PM vom 9.2.2016: http://l.duh.de/p090216a
- Zur PM vom 23.5.2016: http://l.duh.de/p230516
- Zur PM vom 25.5.2016: http://l.duh.de/p250516