DIHK: Eine Milliarde Euro kostete 2015 die Abschaltung von Erneuerbaren-Anlagen vor allem in Norddeutschland
„Das EEG 2017 sei frisch verabschiedet, doch viele Probleme bei der Umsetzung der Energiewende bleiben. Für das nächste Jahr steht wieder eine Erhöhung der EEG-Umlage an. Gleichzeitig wird die Integration der Erneuerbaren in das Stromsystem immer schwieriger: Eine Milliarde Euro, ein Gutteil davon zulasten der Unternehmen, kostete 2015 die Abschaltung von Erneuerbaren-Anlagen vor allem in Norddeutschland und das gleichzeitige Hochfahren konventioneller Erzeugung in Süddeutschland – beides zur Vermeidung von Netzengpässen“ – schreiben Mark Becker, Jakob Flechtner, Till Bullmann, Sebastian Bolay laut einer Medienmitteilung der DIHK Berlin.
Aber nicht nur die Netze, auch der Markt könne den erzeugten Strom zeitweise nicht sinnvoll aufnehmen. Richten soll es unter anderem die sogenannte „Sektorkopplung“, bei der Strom vermehrt in den Sektoren Wärme und Verkehr genutzt werden soll. Von dieser Idee verspricht sich das Bundeswirtschaftsminseierium, dass überschüssiger Ökostrom verwendet statt abgeschaltet wird und sich gleichzeitig der Anteil Erneuerbarer Energien im Verkehr und im Wärmesektor stärker erhöht. Eine Reihe von Technologien zur Sektorkopplung, seien es Nachtspeicherheizungen, Heizpatronen für eine alternative Wärmeerzeugung in KWK-Anlagen oder Elektroautos, seien bereits am Markt verfügbar oder würden – wie die Wasserstoffherstellung aus Ökostrom (Power-to-Gas) – gerade eingeführt. Trotz Kostensenkungen und Förderung gebe es ein gravierendes Hemmnis: Strom sei mit hohen staatlich induzierten Abgaben – EEG- und KWK-Umlage, Stromsteuer, Netzentgelte – belegt, sodass sich seine Nutzung im Wärme- und Verkehrsbereich vielfach nicht rechne.
Mehr Vertrauen in Innovationskraft des Marktes gefragt
Hier seien keine einfachen Lösungen in Sicht. Würde der Stromeinsatz im Wärme- und Mobilitätssektor zum Beispiel von der EEG-Umlage freigestellt, müssten die Förderkosten der Wind- und Solaranlagen allein von den klassischen Stromkunden geschultert werden. In erster Linie seien Elektroautos, Wärmepumpen und Co. neue Stromverbraucher, die deshalb an Infrastrukturkosten, Steuern und EEG-Umlage beteiligt werden sollten. Eine Entlastung sei nur angemessen, wenn sich volkswirtschaftliche Vorteile ergeben: So sieht das EEG seit Kurzem vor, dass bei großem Ökostromangebot der Mehrverbrauch finanziell belohnt wird und damit die Abregelungskosten von Windanlagen sinken. Die Politik sollte zudem nicht einseitig auf eine Elektrifizierung der Energienachfrage setzen. Unternehmen brauchen die Freiheit, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, welche Energieträger sie für einzelne Anwendungen einsetzen. Ziel der Sektorkopplung sollte aus Sicht des DIHK daher nicht die Nutzung von Erneuerbaren-Strom für Wärme und Verkehr um jeden Preis sein, sondern ein möglichst effizienter und gewinnbringender Einsatz verfügbarer Energie.
Anstatt über Sonderregelungen Anreize für einzelne Technologien zu setzen, sei nach Einschätzung des DIHK mehr Vertrauen in die Innovationskraft des Marktes gefragt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Systematik von Steuern und Entgelten sollten so weiterentwickelt werden, dass sektorübergreifend zwischen Energiemärkten, Energieformen und Technologien Wettbewerb entstehe. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung könne eine breite Entlastung strombasierter Anwendungen durch die Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß sein. Eine weitere Möglichkeit bestehe darin, die Netzentgelte für Verbraucher zu verringern, die in Zeiten geringer Nachfrage Strom beziehen, wie es für den Fall der sogenannten atypischen Stromnachfrage von Unternehmen bereits vorgesehen sei. Dadurch würde ein Verbrauchsverhalten belohnt, das die Netze entlaste. Letztlich würde dies auch die wirtschaftlichen Chancen von Stromspeichern verbessern, weil sie in diesem Sinne eingesetzt werden könnten.
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