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von Frédéric Simon EurActiv.com Übersetzt von Jule Zenker
-mit freundlicher Genehmigung-
Ein Kompromissentwurf der EU-Kommission und der Bundesregierung über die zukünftige Förderung Erneuerbarer Energien in Europa erntet heftige Kritik von Rechtsexperten der Brüsseler Wettbewerbsdirektion. Deren Kommissarin Margrethe Vestager und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) wollen den Mitgliedsstaaten nach 2020 unter bestimmten Bedingungen mehr Förderspielraum gewährleisten. Laut EU-Vertretern wurde der Deal bereits von Maroš Šef?ovi?, Vize-Kommissionspräsident und Verantwortlicher für die Energieunion, sowie von Klimakommissar Miguel Arias Cañete abgesegnet. EurActiv Brüssel berichtet.
[note Viele Jahre lang stritt sich die Kommission mit der Bundesregierung über Fördersysteme für Windparks. Der neue Kompromiss sorgt ebenfalls für Zündstoff. Windgeneratoren bei Baruth, Mark Brandenburg – Foto © Gerhard Hofmann, Agentur Zukunft für Solarify]
Mitgliedsstaaten „können“ laut Artikel 4 des von EurActiv eingesehenen Entwurfs der Erneuerbare-Energien-Richtlinie Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien fördern – und zwar im Rahmen eines „offenen, transparenten, diskriminierungsfreien Ausschreibungsverfahrens […], unbeschadet der Vorschriften über staatliche Beihilfen.“ Allerdings soll es Ausnahmen geben, zum Beispiel „für Anlagen kleineren Umfangs und Demonstrationsprojekte gemäß den geltenden allgemeinen Beihilfebestimmungen.“
[note Leak: EU-Energiepaket fördert fossile Brennstoffe – Bei der COP22 in Marrakesch schien es, als würde die EU eine ambitionierte Klimaagenda vorantreiben. Ihre neue Energiegesetzgebung könnte jedoch durch die Einführung umstrittener Kapazitätsmechanismen fossile Brennstoffe fördern und den Erneuerbaren den Marktzugang erschweren. EurActiv Frankreich berichtet.]
Viele Jahre lang habe sich die kommissionseigene Wettbewerbsdirektion mit der Bundesregierung über die Zulassung von Fördersystemen für Windparks und andere erneuerbare Energieprojekte gestritten, erklärte Claude Turmes, luxemburgischer EU-Abgeordneter der Grünen, der die Energiepolitik vom Europaparlament aus genau im Auge behält. Ihm zufolge soll der neue Kompromiss dem „Guerillia-Krieg“ ein Ende bereiten.
Vertreter der Generaldirektion Wettbewerb (GD COMP) und des EU-Rechtsdienstes äußerten deutliche Kritik am Kompromisstext – sowohl aus rechtlicher als auch aus politischer Sicht. Er biete den Mitgliedsstaaten zu viel Raum, beliebig Projekte zu fördern. So untergrabe man die Fähigkeit der Kommission, bestimmte Vorhaben aufgrund von EU-Beihilferegeln zu genehmigen oder abzulehnen.
„Die GD COMP sorgt sich um bestimmte Abschnitte in Artikel 4 des Richtlinienentwurfs, in dem es um Vorschriften für Fördersysteme [für erneuerbare Energien] geht“, heißt es in einem von EurActiv eingesehenen internen Vermerk, unterzeichnet von Céline Gauer, Direktorin der GD Wettbewerb unter Vestager. Laut den EU-Verträgen verfüge die Kommission über die „exklusive Kompetenz, festzustellen, ob staatliche Beihilfemaßnahmen mit dem Binnenmarkt vereinbar sind“, unterstreichen die Kritiker im Memo und fordern: „(Solche Vorschriften) sollten daher gestrichen werden.“
Die internen Querelen wurden eben jetzt vom Zaun gebrochen, da die EU-Kommission die letzten Feinheiten an der Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie vornimmt. Diese soll am 30. 11.2016 als Teil eines „Jumbo-Pakets“ an Energiegesetzen vorgestellt werden. Sie legt einen Rahmen dafür fest, wie Erneuerbare Energien in den kommenden Jahren gefördert werden können – vor allem angesichts der zunehmenden Konkurrenz aus China und den USA.