Anhörung im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie – Risiken – verfassungswidrig?
Der geplante Fonds zur Finanzierung der atomaren Zwischen- und Endlagerung ist – so der parlamentseigene Pressedienst heute im bundestag – in einer öffentlichen Anhörung des Bundestags-Ausschusses für Wirtschaft und Energie am 02.12.2016 überwiegend positiv gewertet worden. Jedoch wurden auch teils heftige Kritik („verfassungswidrig“, „hundertprozentiges Politikversagen“) und Änderungswünsche laut an der konkreten Ausgestaltung des von der Bundesregierung, den Regierungsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung der kerntechnischen Entsorgung (18/10353, 18/10469, 18/10482).
Der Entwurf sieht vor, dass Betreiber von Kernkraftwerken für die gesamte Abwicklung und Finanzierung der Bereiche Stilllegung, Rückbau und fachgerechte Verpackung der radioaktiven Abfälle zuständig bleiben. Sie werden aber gegen Einzahlung in einen Fonds von der Pflicht zur Zwischen- und Endlagerung befreit. „Für die Durchführung und Finanzierung der Zwischen- und Endlagerung wird künftig der Bund in der Verantwortung stehen“, heißt es in dem Entwurf. Die finanziellen Lasten der Zwischen- und Endlagerung müssen die Betreiber tragen. Dazu müssen sie 17,389 Milliarden Euro in einen Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung einzahlen. Entrichten die Betreiber noch zusätzlich einen Risikoaufschlag in Höhe von 35,47 Prozent, können sie ihre Verpflichtung zum Nachschuss weiterer Beträge an den Fonds endgültig beenden. Außerdem wird die Betreiberhaftung neu geregelt. Herrschende Unternehmen müssen für die Betreibergesellschaften die Nachhaftung übernehmen.
Der frühere Hamburger Erste Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der die Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) zusammen mit dem ehemaligen Brandenburger Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD) und dem früheren Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) geleitet hatte, erinnerte an den einstimmig verabschiedeten Abschlussbericht. Man habe einen Schlussstrich ziehen wollen, denn die Unternehmen sollten keine Milliarden-Risiken mehr haben, die sie nicht abschätzen könnten. Auch für den Staat und die Steuerzahler würden die Risiken minimiert.
„Keine Einwände aus verfassungsrechtlicher Perspektive“
Professor Georg Hermes (Goethe-Universität Frankfurt am Main) erklärte, der Gesetzgeber sei dem Anspruch, die Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) umzusetzen mit dem Entwurf nach seiner Einschätzung gerecht geworden: „Prinzipielle Einwände gegen den vorläufigen Gesetzentwurf sind aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht erkennbar“. Das gelte insbesondere für den Vertrauensschutzes der großen deutschen Energieversorgungsunternehmen – sie seien gut weggekommen, sagte er. Das Verursacherprinzip hätte man nämlich auch strenger durchsetzen können.
Rechtsanwältin Ines Zenke (Becker Büttner Held) erklärte: „Der Gesetzentwurf darf – gerade auch angesichts der Bedeutung und Komplexität des Themas – als ausgesprochen gelungen eingeordnet werden.“ Dass es einen Begleitvertrag zwischen Staat und Betroffenen zu dem Gesetz geben solle, nannte Zenke zwar ungewöhnlich, aber erforderlich. „Vor dem Hintergrund seiner weitreichenden Bedeutung, der Komplexität der zu regelnden Materie und des historischen Antagonismus zwischen den Betreibern und großen Teilen der Bevölkerung ist der Gesetzentwurf eine historische Zäsur und darf im Grundsatz als geglückt bezeichnet werden“, stellte ihr Kanzlei-Kollege Olaf Däuper fest. Er empfahl noch Korrekturen an einigen Stellen. Auch Lothar Brandmair (Kanzlei Graf von Westphalen) äußerte sich positiv über den Entwurf. Dieser gelungene, von der Kommission vorgezeichnete Kompromiss, trage dem Verursacherprinzip in vollem Umfang Rechnung.
Folgt: Unabsehbare Risiken für Staat und Steuerzahler – Verstoß gegen Rechtsstaatsprinzip