Im Frühjahr 2017 im Bundestag
Der Gesetzentwurf, auf den sich die Bundesregierung in Berlin einigte, wird den Fraktionen des Bundestags als Formulierungshilfe vorgelegt. Sie sollen das Gesetz früh im kommenden Jahr in den Bundestag einbringen. Die Vorschläge dafür hatte eine Kommission erarbeitet, an der Vertreter aller Parteien im Bundestag, Wirtschaftsvertreter, Umweltschützer und Wissenschaftler beteiligt waren. „Mit diesem Gesetzentwurf ziehen wir endgültig einen Schlussstrich unter die alte Methode Endlager“, sagte Barbara Hendricks laut Süddeutscher Zeitung. Nach jahrzehntelangem Streit hatte der Bund die Endlager-Suche 2013 neu gestartet.
„Das ist der Schlussstrich unter die alte Methode Endlager, wie wir sie in Gorleben erlebt haben“, sagt Barbara Hendricks. Michael Bauchmüller (SZ) zitiert eine erleichterte Bundesumweltministerin: „‚Historisch betrachtet‘, sagt Barbara Hendricks, sei dies vielleicht ihr wichtigstes Gesetz der Legislaturperiode. ‚Wir beenden das Atommüllchaos und geben dem Suchprozess eine klare Grundlage'“. Am 21.12.2016 hat das Bundeskabinett das Gesetz zur Endlagersuche verabschiedet. Nun sollen in ganz Deutschland Standorte gesucht werden. Auch die Öffentlichkeit wird beteiligt. Diese Suche werde mit dem Gesetz zwar nicht einfacher. Aber ihr vielfach diskutierter Start rücke näher. Bis 2031 soll in Deutschland ein Ort gefunden werden, an dem der strahlende Abfall eine Millionen Jahre lang so sicher wie möglich lagern kann.
Entstehen soll es im Wechselspiel zweier staatlicher Stellen. Die eine ist die „Bundesgesellschaft für Endlagerung“, eine staatseigene GmbH mit Sitz im niedersächsischen Peine. Sie soll – ausgehend von einer „weißen Landkarte“ – den Kreis potenzieller Endlager-Standorte immer weiter einengen. Zunächst sucht sie denkbare Regionen aus, untersucht dort die geologischen Bedingungen, um dann an wenigen Orten in die untertägige Erkundung einzusteigen – bis schließlich ein „Standort mit der bestmöglichen Sicherheit“ feststeht.
Überwacht wird dies alles vom neu geschaffenen Bundesamt für kerntechnische Entsorgung. Die Berliner Behörde kontrolliert die Arbeit der Bundesfirma und macht Empfehlungen für den jeweils nächsten Schritt. Welche Regionen untersucht werden, welche Orte in die engere Wahl kommen und welche unterirdisch untersucht werden, legt jeweils der Gesetzgeber fest. „Das ist der Schlussstrich unter die alte Methode Endlager, wie wir sie in Gorleben erlebt haben“, sagt Hendricks. „Das war die politisch willkürliche Festlegung, ein historischer Fehler.“
Gewaltige Streitpunkte gibt es immer noch, im Kabinett wanderten sie am 21.12.2016 in eine Protokollerklärung. In dem kurzen Papier stellen die drei CSU-geführten Ministerien klar, dass sich die Qualität eines Endlagers allein am sogenannten „einschlusswirksamen Gebirgsbereich“ entscheide, also an der Geologie. Andere Schutzvorkehrungen, etwa spezielle Schutzwände im Innern, dürften keine Rolle bei der Bewertung spielen. Sie ließen keine „gleichwertige und gleich robuste Sicherheitsaussage“ zu, heißt es in der Erklärung der bayerischen Minister. Von Belang wäre diese Einschränkung vor allem für Endlager in Granit, die solche zusätzlichen Schutzvorkehrungen verlangen. Zufall oder nicht: Solcher Granit findet sich vor allem in Bayern.
Töpfer zur Endlager-Suche: „Lösungen nicht einfach vorgeben“
Für Ex-Umweltminister und UNEP-Direktor a.D. Klaus Töpfer spielt bei der Suche nach einem Endlager eine wichtige Rolle – gegenüber dpa erklärte er, warum die „postfaktische“ Gesellschaft von Beginn an dabei sein müsse. Mit 78 Jahren übernahm er den Vorsitz des sogenannten Nationalen Begleitgremiums. Er „sehe darin eine große Chance. Die Geschicke und Missgeschicke der Kernenergie habe ich ja auch über meinen Lebenslauf hinweg mitgestaltet und mitverfolgt. Dann wäre es nicht gut, bei einer solchen neuen Chance zu sagen, das sollen die anderen machen. Niemand weiß, wie es ausgeht. Am Ende dieses Prozesses bin ich nicht mehr da. Das kann man kritisieren: Für eine so langfristige Sache holen sie den Ältesten, den sie gerade finden konnten.“
Man dürfe in einer „postfakischen“ Gesellschaft „noch weniger Lösungen einfach vorgeben, die Zivilgesellschaft nicht erst einbinden, wenn Akzeptanz geschaffen werden muss“. Dieses Begleitgremium sei ein Beispiel dafür, wie man der Bevölkerung glaubwürdig zeige: „Ihr seid jetzt nicht mehr Objekt, ihr seid Subjekt in diesem Prozess.“
AZ-Mainz: „Lebenslügen“ und „Hilflosigkeit“
In der Mainzer Allgemeinen Zeitung kommentierte Reinhard Breidenbach unter dem Titel: „Lebenslügen“: „Klaus Töpfer ist ein alter Fahrensmann, er muss auf niemanden mehr Rücksicht nehmen. Mithin: eine gute Wahl, um beim Megathema Atommüll-Endlagerung eine führende Rolle zu spielen – im ‚Nationalen Begleitgremium‘. Ein hochtrabender Begriff, der ein Höchstmaß an Hilflosigkeit kaschieren soll. Die Regierung ist guten Willens, aber für die Endlagerfrage gibt es bestenfalls Notbehelfe. Überhaupt war das von Anfang die Lebenslüge der Atomkraft: Sie löst in Wahrheit nichts, sondern schafft völlig inakzeptable Risiken. Siehe Tschernobyl, wo jetzt, 30 Jahre nach dem GAU, der sichere Einschluss der Ruine trotz Unmengen von Geld – des europäischen Steuerzahlers – kaum gelingt. Brachial kleingeredet wurde sehr lange auch das Risiko Atommüll. Er muss nun in sogenannten Zwischenlagern geparkt werden, eine hoch brisante Farce, eine Erblast, die vielen kommenden Generationen aufgebürdet ist.“
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