Der Hockeyschläger kommt wieder
von Stefan Rahmstorf (PIK-Potsdam)
Detaillierter als je zuvor sind jetzt die vergangenen 2000 Jahre der Klimaentwicklung rekonstruiert worden. Dabei zeigen sich interessante regionale Unterschiede zwischen den verschiedenen Kontinenten, aber auch wichtige gemeinsame Trends. Im globalen Durchschnitt gleicht die neue Rekonstruktion fast aufs Haar dem bekannten „Hockeyschläger“, der vor fünfzehn Jahren erstellten ersten derartigen Rekonstruktion.
Sieben Jahre lang haben die 78 Forscher aus 24 Ländern, gemeinsam mit vielen weiteren Kollegen, im PAGES 2k Projekt an der neuen Klimarekonstruktion gearbeitet. „2k“ steht für die letzten 2000 Jahre, PAGES ist das 1991 gestartete Past Global Changes Programm. Kürzlich ist die neue Studie in Nature Geoscience erschienen. Eingeflossen sind Daten aus 511 Klimaarchiven aus aller Welt, aus Sedimenten, Eisbohrkernen, Baumringen, Korallen, Stalagmiten, Pollen oder historischen Dokumenten und Messreihen (Abb. 1). Alle Daten sind frei verfügbar.
Die Klimageschichte der letzten ein- bis zweitausend Jahre wurde daraus für sieben Kontinentalregionen in 30-Jahres-Intervallen rekonstruiert (Abb. 2).
Regionale Entwicklung
Die Daten zeigen erwartungsgemäß deutliche regionale Unterschiede. Solche regionalen Muster sind ein wichtiger Hinweis auf die Ursachen und Mechanismen der Klimaänderungen. So können lokal deutliche Schwankungen im Klima auftreten durch Änderungen in der atmosphärischen oder ozeanischen Zirkulation, die sich global aber weitestgehend wegmitteln, weil dabei Wärme nur anders verteilt wird (vergleiche den bei uns rekordkalten März, der dafür in Grönland extrem warm aber im globalen Mittel unauffällig war). Änderungen der globalen Mitteltemperatur hingegen treten durch geänderten Strahlungsantrieb auf (z.B. durch Sonnenschwankungen), wobei dieses „Forcing“ global einheitlich sein kann (Beispiel Treibhausgase) oder selbst deutliche regionale Muster aufweisen kann (Beispiel Vulkanausbrüche oder Orbitalzyklen). Man erwartet in den einzelnen Kontinenten also ein Zusammenspiel aus der Reaktion auf die Forcings, überlagert von internen Schwankungen.
Die in Abb. 2 gezeigten Daten spiegeln das wieder: sie zeigen einige kohärente Signale, vor allem einen langfristigen Abkühlungstrend, der vom relativ warmen Mittelalter zu zunehmend kühleren Klimabedingungen führt, bis sich das im späten 19. Jahrhundert umdreht (mehr dazu im nächsten Abschnitt). Weil dem aber erwartungsgemäß regionale Variabilität überlagert ist, vor allem auf kürzeren Zeitskalen von Jahrzehnten bis zu einem Jahrhundert, stimmen besonders warme und besonders kalte Phasen im Timing auf verschiedenen Kontinenten nicht überein, wie die Autoren im Abstract hervorheben:
„There were no globally synchronous multi-decadal warm or cold intervals that define a worldwide Medieval Warm Period or Little Ice Age.“
Sie identifizieren aber einige kürzere Intervalle, wo besonders kalte Bedingungen mit großen Vulkanausbrüchen und/oder Sonnenminima zusammenfallen (wie bereits aus früheren Studien bekannt).