Widerstand der Kohle

Die Energiewende kommt im Groß-Koalitionsvertrag schlecht weg. Obwohl längst jede Menge Studien, Untersuchungen und Szenarien für 100-Prozent-Erneuerbare, virtuelle Kraftwerke und Speichersysteme der Zukunft auf den Tischen liegen – es fehlt also nicht am Wissen – haben die Verfechter von fossilen Energieträgern, man könnte sie Lobby nennen, die regenerativen Energien erfolgreich schlecht geredet: Volatil seien sie, nicht grundlastfähig, unzuverlässig, daher schlicht unbrauchbar für eine der weltgrößten Volkswirtschaften wie die unsere. Darum geht es aber gar nicht. Worum es geht? Um Kohle, nicht die brennbare und CO2-emittierende, sondern die aufs Konto einzahlbare, den nackten Euro – Klimakatastrophe hin oder her.
Ohne Energiewende würden die Energiepreise weiter steigen, mit ihr auf Dauer sinken – die Gewinne natürlich auch. Denn die Energiewende, vernünftig und beherzt angegangen, wird zwar nicht zum Nulltarif zu bekommen sein, keine Frage, aber sie wird schnell zu einer volkswirtschaftlich vorteilhaften Stabilisierung der Energiekosten führen – später zu einer Senkung. Die Sonne schickt keine Rechnung, im krassen Gegensatz zu den Öl-, Gas-, Kohle-, und Uran-Lieferanten im Ausland – deren (schlicht durch die Schornsteine gejagten) Dollars fallen bei Vergleichen ebenso „gerne“ unter den Tisch wie die zigfach höheren Subventionen für die Fossilen. Die Hälfte der Kosten unseres gesamten Energiesystems überweisen wir ins Ausland – für den Brennstoff-Import. Nach der Energiewende werden wir lediglich noch Erhaltungskosten im Inland haben. An denen wird aber erneut weniger verdient. Ersteres sind aber Kosten, verlorene Ausgaben, zweiteres Investitionen in die Zukunft – auch das wird gerne von einschlägig interessierten Gruppen „vergessen“. Ganz abgesehen vom Export Erneuerbarer-Blaupausen, von zukunftsgewandten Energiewende-Technologien – schon lange ein Riesengeschäft: 2013 ca. 18 Mrd. Euro. weiterlesen…

Vertane Chancen

In Brüssel hat sich (wieder einmal) die Autobauer-Lobby durchgesetzt – zu Lasten des Klimas, und in Berlin ist ein Koalitionsvertrag ausgehandelt worden, der (nicht nur) im Kapitel „Energie und Klima“ hätte beherzter ausfallen können. In beiden Fällen hätte es schlimmer kommen können – schwacher Trost. CDUFDP hatten in Brüssel monatelang blockiert und schließlich ein ganzes Jährchen Verzögerung plus fünf Gramm mehr CO2 pro km erreicht (welch ein Sieg!) – CDUSPDCSU haben ein Paket geschnürt, das die Treibhausgase bis 2020 um 40 Prozent (gegenüber 1990!) reduzieren will – in der EU soll das 10 Jahre länger dauern dürfen.

Deutschland als internationaler Vorreiter? Ist da irgendwo ein logischer Widerspruch? Der Widerstand der Autoschmiede wirkt ebenfalls nicht sonderlich logisch (Greenpace: „theatralisches Jammern“), bewältigen sie doch soeben eine anfangs erbittert bekämpfte Herausforderung mit Bravour: die CO2-Grenze für 2015 – sie wird locker eingehalten. weiterlesen…

Sand im Ökostrom-Getriebe

Die EEG-Umlage steigt, um einen auf 6,3 Cent, obwohl weniger grüner Strom ins System eingespeist worden ist: Laut Leipziger Strombörse haben Wind- und PV-Anlagen in den ersten acht Monaten ca. 1,3 TWh (2,6 %) weniger produziert als von Januar bis August 2012. Es ist schon viel über die Strompreislüge geschrieben und gesprochen worden. Das hält aber die interessierten Kreise – die großen Energieversorger samt ihnen ergebener Politiker und Journalisten – nicht davon ab, gebetsmühlenartig (wieder besseres Wissen?) zu behaupten, der “Förderwahnsinn“ der Erneuerbaren lasse den Strompreis explodieren. Das ist schlicht falsch. Sonne und Wind sind nämlich nur für den kleinsten Teil des Strompreises verantwortlich: für ganze 13 %. Zu 25 % sind es z.B. die Ausnahmen: 6,7 Mrd. Euro. Und: Der 2010 von den Energieerzeugern durchgesetzten veränderten EEG-Systematik zufolge wird der (den Erzeugern zu erstattende) Unterschied zwischen einmal garantiertem (höherem) Ökostrom-Abnahmepreis und (niedrigerem) Börsen-Erlös den Verbrauchern abverlangt. Erst seit der EEG-Novelle steigt die Umlage spürbar. Denn vor der Gesetzesänderung wurde Öko-Strom nicht an der Börse gehandelt. Nach einer Berechnung von Brainpool ist der Anstieg inzwischen zu 52 % auf den Preisverfall an der Strombörse zurückführen. weiterlesen…

Volksverdummung

Eine deutsche Boulevardzeitung mit großen Lettern und wenig Inhalt posaunte eine Woche vor der Wahl einen „geheimen“ Plan der FDP hinaus: Die „Liberalen“ wollten nach der Wahl Minister Altmaier kippen und die Umweltkompetenz ins Wirtschaftsministerium holen – nachdem die Blaugelben das weißblaue Schicksal getroffen hat, müssen sie des Bremserhäuschen der Energiewende verlassen. Und dass, obwohl wie abgesprochen eine große deutsche Tageszeitung sekundiert hatte: einer ihrer Herausgeber nahm persönlich die „Umverteilungsmaschine Energiewende“ mit „Förderwahnsinn“ und „Ökoplanwirtschaft“ aufs Korn. Dass nicht alles ganz genau stimmte – wen stört’s angesichts des hohen Polemik-Faktors? weiterlesen…

Duell? Öko? Fehlanzeige!

Das vorab hochgejubelte Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück ging in den Augen der politisch Interessierten für jeweils ihren Kandiaten positiv aus – „überraschungsfrei“ nannte das SPD-Fraktionschef Steinmeier – wie wahr. Nur – man wird ja noch fragen dürfen: Wo blieb die Umwelt? Wo die Ökologie? Wann war die Rede von Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit in der Politik vom durch Rösler verhinderten Backloading bis hin zur Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa? weiterlesen…

Energie-Wahlk(r)ampf

„Wir müssen ‚ran an den Hauptkostentreiber bei den Energiepreisen. Und das ist die überzogene Förderung der erneuerbaren Energien,“ verkündete jüngst der Wirtschaftsminister, und verlangte gar: “Die Ökostrom-Förderung für Neuanlagen sollte gestoppt werden“, denn „jeder Tag, den wir ungenutzt lassen, kostet die Stromkunden viel Geld”. Rösler hat aber die Industrieprivilegien massiv ausgeweitet. Die kosten die Stromkunden wirklich Milliarden. „Jeden Tag kommen neue Solaranlagen dazu, die wieder für 20 Jahre eine Förderung erhalten, die Schieflage verstärken und Strom teurer machen“, behauptete Röslers Vorgänger und erhielt dafür den Blackout des Monats. Das ist nämlich so falsch – da stimmt nicht einmal das Gegenteil. Glauben Brüderle und Rösler, was sie sagen?
Rösler verhinderte (durch Drohungen) in Brüssel das Backloading, den Rückkauf der zu billigen CO2-Zertifikate. Das hätte die Preise an der Leipziger Strombörse steigen und dadurch den Strom für deutsche Endverbraucher billiger werden lassen,  denn je mehr die Erneuerbaren an der Börse einbringen, desto weniger müssen die Endkunden ausgleichend dazu zahlen. Die Strompreise sind viel komplizierter, als Brüderle und Rösler uns weismachen. Das eigentliche Problem sind nicht die Kosten der Erneuerbaren, sondern eine politisch gewollte ungerechte Umverteilung, die Privatkunden und kleinere Firmen benachteiligt. Die Lösung liegt nicht in Förderstopps oder Moratorien (die Tausende von Arbeitsplätzen kosten würden) sondern in einer Neuordnung des Strommarktes und der Ausdünnung der nichtzahlenden Privilegierten.
Wir geben monatlich 100 € für Benzin, 90 € für Heizung und Warmwasser aber nur 30 € für den Strom aus – dessen Anteil an den Haushaltsausgaben hat sich seit 20 Jahren kaum verändert. Die durchsichtige künstliche Preis-Panik schadet den Erneuerbaren Energien. weiterlesen…

Desertec-Zoff hat

Der Streit in der Führung der Desertec Industrie-Initiative (Dii GmbH) ist gelöst. Die Gesellschafter der Wüstenstrom-Initiative wollten die Dii durch eine Strategie-Verstärkung neu beleben und bestätigten Paul van Son als alleinigen Geschäftsführer im Amt. Die bisherige Ko-Managerin Wieland verließ das Unternehmen mit sofortiger Wirkung, ihr wurde pflichtgemäß gedankt.
Fata Morgana Wüstenstrom?„, „Desertec im Sande verlaufen“ oder „Desertec – Wüstenstrom-Projekt zerbricht“ – nur drei der aktuellen fünf- bis achttausend Schlagzeilen allein im letzten Monat. Alle schmeicheln nicht sonderlich den Verfechtern der Vision vom Wüstenstrom. Die Desertec Foundation (DF) hat der von ihr selbst mitgegründeten Desertec Industrial Initiative (Dii) die Brocken hingeschmissen, will ihr den Namen aberkennen (sie hat die Rechte an der Wortmarke). Der Club of Rome, einst Ursprung der Dii, sieht sie „verschiedenen Interessen ihrer Gesellschafter ausgesetzt, die das Projekt zu ihren Vorteilen verändern wollen. Im Richtungsstreit innerhalb der Dii haben sich offensichtlich kurzfristige Lobbyinteressen der Energiekonzerne durchgesetzt“. weiterlesen…

Geld oder Glaube

Die junge Kollegin Tina Ternus vom photovoltaikbüro hat eine sehr überzeugende Rechnung an- und vorgestellt. Sie bezieht sich auf die öffentliche (vor allem Medien-)Wahrnehmung der angeblich preistreibenden Öko-Energien. Sie hat für ihre Rechnung einfach die Zahlen der Netzbetreiber des Jahres 2012 (vorläufig) mit denen aus 2011 verglichen. Diese Zahlen sind jedem zugänglich, auch den Panikmachern in manchen Medien. weiterlesen…

Hähnchen und PV

Im August 1963 verhängen die USA als Vergeltung für hohe EWG-Zölle auf US-Tiefkühl-Geflügel (der US-Export nach Europa hat sich verdreißigfacht!), drastische Strafzölle auf 19 Warengruppen – darunter VW und französischer Kognak. Der Hähnchenkrieg schadet am Ende allen. Die Hähnchen von heute heißen PV-Module, USA heute China. Dass Brüssel bald chinesische Billig-PV-Module sanktionieren will, findet die Allianz für Bezahlbare Solarenergie (AFASE), „äußerst besorgniserregend“, sieht „großen Schaden entlang der gesamten PV-Wertschöpfungskette“ drohen. Eine PrognosStudie prophezeit gar,  EU-Zölle von 60 Prozent könnten bis zu 242.000 Arbeitsplätze kosten und 27 Milliarden Euro Schaden anrichten, was die AFASE in die Horrorvision ausbrechen lässt: Dann „käme der europäische Solarmarkt schlichtweg zum Erliegen“. Das Wall Street Journal sieht in den erwarteten EU-Strafen gar den „Auslöser einer der größten Handelsschlachten der letzten Jahrzehnte“. Die Zoll-Befürwortertruppe EU ProSun hält mit einem PWC-Gutachten dagegen. weiterlesen…

Immer mehr CO2

Im ersten Quartal 2013 wurden verglichen mit 2012 zwei Terawattstunden (TWh – zwei Milliarden Kilowattstunden – kWh) mehr Strom aus Braunkohle, aus Steinkohle gar sieben TWh mehr erzeugt – Erneuerbare dagegen eine TWh weniger. Der Preis an der Strombörse sank auf vier Cent pro kWh, Strom war so billig wie seit acht Jahren nicht mehr, allerdings nicht für die Verbraucher. Die Zunahme des Kohlestroms schlägt sich aber negativ auf die Klimabilanz nieder: 2012 sind die deutschen CO2-Emissionen wieder gestiegen, erstmals seit 1990. Trotzdem freut sich Bundeswirtschaftsminister Rösler darüber, dass das Europa-Parlament das sogenannte Backloading, die Verringerung der CO2-Zertifikate, abgelehnt hat. Die Mehrheit habe sich für einen Kurs entschieden, für den er „lange gekämpft“ habe. Für Rösler „geht von der heutigen Abstimmung ein hervorragendes Signal für den wirtschaftlichen Erholungsprozess aus, über das ich mich sehr freue.“ „Desaster für den Klimaschutz in Europa“, nannte die Süddeutsche Zeitung, „Erlaubnis zum Luftverschmutzen“ die Westdeutsche Zeitung die Ablehnung: Für CDU-Umweltminister Altmaier war der Beschluss ein „ernsthafter Rückschlag für den Schutz des Klimas, weil wir derzeit kein funktionierendes Instrument haben, um die CO2-Produktion zu reduzieren“. weiterlesen…