Sand im Ökostrom-Getriebe

Die EEG-Umlage steigt, um einen auf 6,3 Cent, obwohl weniger grüner Strom ins System eingespeist worden ist: Laut Leipziger Strombörse haben Wind- und PV-Anlagen in den ersten acht Monaten ca. 1,3 TWh (2,6 %) weniger produziert als von Januar bis August 2012. Es ist schon viel über die Strompreislüge geschrieben und gesprochen worden. Das hält aber die interessierten Kreise – die großen Energieversorger samt ihnen ergebener Politiker und Journalisten – nicht davon ab, gebetsmühlenartig (wieder besseres Wissen?) zu behaupten, der “Förderwahnsinn“ der Erneuerbaren lasse den Strompreis explodieren. Das ist schlicht falsch. Sonne und Wind sind nämlich nur für den kleinsten Teil des Strompreises verantwortlich: für ganze 13 %. Zu 25 % sind es z.B. die Ausnahmen: 6,7 Mrd. Euro. Und: Der 2010 von den Energieerzeugern durchgesetzten veränderten EEG-Systematik zufolge wird der (den Erzeugern zu erstattende) Unterschied zwischen einmal garantiertem (höherem) Ökostrom-Abnahmepreis und (niedrigerem) Börsen-Erlös den Verbrauchern abverlangt. Erst seit der EEG-Novelle steigt die Umlage spürbar. Denn vor der Gesetzesänderung wurde Öko-Strom nicht an der Börse gehandelt. Nach einer Berechnung von Brainpool ist der Anstieg inzwischen zu 52 % auf den Preisverfall an der Strombörse zurückführen. weiterlesen…

Volksverdummung

Eine deutsche Boulevardzeitung mit großen Lettern und wenig Inhalt posaunte eine Woche vor der Wahl einen „geheimen“ Plan der FDP hinaus: Die „Liberalen“ wollten nach der Wahl Minister Altmaier kippen und die Umweltkompetenz ins Wirtschaftsministerium holen – nachdem die Blaugelben das weißblaue Schicksal getroffen hat, müssen sie des Bremserhäuschen der Energiewende verlassen. Und dass, obwohl wie abgesprochen eine große deutsche Tageszeitung sekundiert hatte: einer ihrer Herausgeber nahm persönlich die „Umverteilungsmaschine Energiewende“ mit „Förderwahnsinn“ und „Ökoplanwirtschaft“ aufs Korn. Dass nicht alles ganz genau stimmte – wen stört’s angesichts des hohen Polemik-Faktors? weiterlesen…

Duell? Öko? Fehlanzeige!

Das vorab hochgejubelte Duell zwischen Angela Merkel und Peer Steinbrück ging in den Augen der politisch Interessierten für jeweils ihren Kandiaten positiv aus – „überraschungsfrei“ nannte das SPD-Fraktionschef Steinmeier – wie wahr. Nur – man wird ja noch fragen dürfen: Wo blieb die Umwelt? Wo die Ökologie? Wann war die Rede von Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit in der Politik vom durch Rösler verhinderten Backloading bis hin zur Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa? weiterlesen…

Energie-Wahlk(r)ampf

„Wir müssen ‚ran an den Hauptkostentreiber bei den Energiepreisen. Und das ist die überzogene Förderung der erneuerbaren Energien,“ verkündete jüngst der Wirtschaftsminister, und verlangte gar: “Die Ökostrom-Förderung für Neuanlagen sollte gestoppt werden“, denn „jeder Tag, den wir ungenutzt lassen, kostet die Stromkunden viel Geld”. Rösler hat aber die Industrieprivilegien massiv ausgeweitet. Die kosten die Stromkunden wirklich Milliarden. „Jeden Tag kommen neue Solaranlagen dazu, die wieder für 20 Jahre eine Förderung erhalten, die Schieflage verstärken und Strom teurer machen“, behauptete Röslers Vorgänger und erhielt dafür den Blackout des Monats. Das ist nämlich so falsch – da stimmt nicht einmal das Gegenteil. Glauben Brüderle und Rösler, was sie sagen?
Rösler verhinderte (durch Drohungen) in Brüssel das Backloading, den Rückkauf der zu billigen CO2-Zertifikate. Das hätte die Preise an der Leipziger Strombörse steigen und dadurch den Strom für deutsche Endverbraucher billiger werden lassen,  denn je mehr die Erneuerbaren an der Börse einbringen, desto weniger müssen die Endkunden ausgleichend dazu zahlen. Die Strompreise sind viel komplizierter, als Brüderle und Rösler uns weismachen. Das eigentliche Problem sind nicht die Kosten der Erneuerbaren, sondern eine politisch gewollte ungerechte Umverteilung, die Privatkunden und kleinere Firmen benachteiligt. Die Lösung liegt nicht in Förderstopps oder Moratorien (die Tausende von Arbeitsplätzen kosten würden) sondern in einer Neuordnung des Strommarktes und der Ausdünnung der nichtzahlenden Privilegierten.
Wir geben monatlich 100 € für Benzin, 90 € für Heizung und Warmwasser aber nur 30 € für den Strom aus – dessen Anteil an den Haushaltsausgaben hat sich seit 20 Jahren kaum verändert. Die durchsichtige künstliche Preis-Panik schadet den Erneuerbaren Energien. weiterlesen…

Desertec-Zoff hat

Der Streit in der Führung der Desertec Industrie-Initiative (Dii GmbH) ist gelöst. Die Gesellschafter der Wüstenstrom-Initiative wollten die Dii durch eine Strategie-Verstärkung neu beleben und bestätigten Paul van Son als alleinigen Geschäftsführer im Amt. Die bisherige Ko-Managerin Wieland verließ das Unternehmen mit sofortiger Wirkung, ihr wurde pflichtgemäß gedankt.
Fata Morgana Wüstenstrom?„, „Desertec im Sande verlaufen“ oder „Desertec – Wüstenstrom-Projekt zerbricht“ – nur drei der aktuellen fünf- bis achttausend Schlagzeilen allein im letzten Monat. Alle schmeicheln nicht sonderlich den Verfechtern der Vision vom Wüstenstrom. Die Desertec Foundation (DF) hat der von ihr selbst mitgegründeten Desertec Industrial Initiative (Dii) die Brocken hingeschmissen, will ihr den Namen aberkennen (sie hat die Rechte an der Wortmarke). Der Club of Rome, einst Ursprung der Dii, sieht sie „verschiedenen Interessen ihrer Gesellschafter ausgesetzt, die das Projekt zu ihren Vorteilen verändern wollen. Im Richtungsstreit innerhalb der Dii haben sich offensichtlich kurzfristige Lobbyinteressen der Energiekonzerne durchgesetzt“. weiterlesen…

Geld oder Glaube

Die junge Kollegin Tina Ternus vom photovoltaikbüro hat eine sehr überzeugende Rechnung an- und vorgestellt. Sie bezieht sich auf die öffentliche (vor allem Medien-)Wahrnehmung der angeblich preistreibenden Öko-Energien. Sie hat für ihre Rechnung einfach die Zahlen der Netzbetreiber des Jahres 2012 (vorläufig) mit denen aus 2011 verglichen. Diese Zahlen sind jedem zugänglich, auch den Panikmachern in manchen Medien. weiterlesen…

Hähnchen und PV

Im August 1963 verhängen die USA als Vergeltung für hohe EWG-Zölle auf US-Tiefkühl-Geflügel (der US-Export nach Europa hat sich verdreißigfacht!), drastische Strafzölle auf 19 Warengruppen – darunter VW und französischer Kognak. Der Hähnchenkrieg schadet am Ende allen. Die Hähnchen von heute heißen PV-Module, USA heute China. Dass Brüssel bald chinesische Billig-PV-Module sanktionieren will, findet die Allianz für Bezahlbare Solarenergie (AFASE), „äußerst besorgniserregend“, sieht „großen Schaden entlang der gesamten PV-Wertschöpfungskette“ drohen. Eine PrognosStudie prophezeit gar,  EU-Zölle von 60 Prozent könnten bis zu 242.000 Arbeitsplätze kosten und 27 Milliarden Euro Schaden anrichten, was die AFASE in die Horrorvision ausbrechen lässt: Dann „käme der europäische Solarmarkt schlichtweg zum Erliegen“. Das Wall Street Journal sieht in den erwarteten EU-Strafen gar den „Auslöser einer der größten Handelsschlachten der letzten Jahrzehnte“. Die Zoll-Befürwortertruppe EU ProSun hält mit einem PWC-Gutachten dagegen. weiterlesen…

Immer mehr CO2

Im ersten Quartal 2013 wurden verglichen mit 2012 zwei Terawattstunden (TWh – zwei Milliarden Kilowattstunden – kWh) mehr Strom aus Braunkohle, aus Steinkohle gar sieben TWh mehr erzeugt – Erneuerbare dagegen eine TWh weniger. Der Preis an der Strombörse sank auf vier Cent pro kWh, Strom war so billig wie seit acht Jahren nicht mehr, allerdings nicht für die Verbraucher. Die Zunahme des Kohlestroms schlägt sich aber negativ auf die Klimabilanz nieder: 2012 sind die deutschen CO2-Emissionen wieder gestiegen, erstmals seit 1990. Trotzdem freut sich Bundeswirtschaftsminister Rösler darüber, dass das Europa-Parlament das sogenannte Backloading, die Verringerung der CO2-Zertifikate, abgelehnt hat. Die Mehrheit habe sich für einen Kurs entschieden, für den er „lange gekämpft“ habe. Für Rösler „geht von der heutigen Abstimmung ein hervorragendes Signal für den wirtschaftlichen Erholungsprozess aus, über das ich mich sehr freue.“ „Desaster für den Klimaschutz in Europa“, nannte die Süddeutsche Zeitung, „Erlaubnis zum Luftverschmutzen“ die Westdeutsche Zeitung die Ablehnung: Für CDU-Umweltminister Altmaier war der Beschluss ein „ernsthafter Rückschlag für den Schutz des Klimas, weil wir derzeit kein funktionierendes Instrument haben, um die CO2-Produktion zu reduzieren“. weiterlesen…

Solardämmerung bei Bosch und Siemens

Solar ist kein Geschäft, jedenfalls keines mehr, so scheint es, jedenfalls kurzfristig: Bosch schließt nach mehr als zwei Milliarden Euro Verlust seine Solarsparte, Siemens ist schon ausgestiegen (beide verließen denn auch die Desertec-Industrie-Initiative), ein Dutzend deutscher Firmen ging pleite, Solarworld wackelt, Ex-Weltriese Suntech aus China ist insolvent. US-Fachblätter (MIT-Technology, GigaOM) nennen diese Entwicklung „nicht nur eine schlechte Nachricht“ oder schreiben: „Warum wir mehr Solarpleiten brauchen“. Denn derzeit werden weltweit doppelt so viele Solarmodule hergestellt, wie nachgefragt werden. Also müssten noch Hunderte weiterer Firmen pleite gehen, bis sich auf dem PV-Markt Angebot und Nachfrage einpendelten. Aber jede Medaille hat zwei Seiten. weiterlesen…

Energie-„Gipfel“

Wer auf dem Gipfel steht, sieht weiter. Für den Blick aus dem  7. Stock des Bundeskanzleramtes scheint das nicht immer zu gelten. Denn die Kanzlerin hatte zwar zum Energie-„Gipfel“ gerufen und alle waren gekommen.  Aber das zum Spitzentreffen hochstilisierte Kaffeekränzchen der Großnasen bei Kanzlers endete nach dreieinhalb Stunden nicht nur streit-, sondern auch  ergebnislos gemäß dem Motto: „Gut dass wir darüber gesprochen haben!“. Der/die Redakteur/in des Bundespressseamtes, der/dem hinterher die undankbare Aufgabe oblag, aus dem mageren Ergebnis eine Pressemitteilung zu zaubern, war nicht zu beneiden. Mit bewundernswerter Kreativität formulierte er, bzw. sie diese Überschriften: „Den Prozess straff organisieren“, gefolgt von dieser Zusammenfassung: „‚Jeder kann und will an der Umsetzung der Energiewende mitarbeiten.‘ Dieses Fazit zog Bundeskanzlerin Angela Merkel. Und: ‚Wir haben schon viel erreicht, aber es gibt noch viel zu tun’”. „Den Prozess straff organisieren.“ „Alle ziehen an einem Strang.“ „Jeder muss seiner Verantwortung gerecht werden.“ Entspechend verlief denn auch die Pressekonferenz im Kanzleramt: Acht Statements  (der zuvor angekündigte „Vertreter der Wissenschaft“ fehlte, sonst wären es neun geworden) – zwei Fragen – aus. Niemandem war mehr eine weitere Frage eingefallen – wie auch. Den „Gipfel“ der Information erklomm die offiziöse Zusammenfassung aber mit diesen Sätzen: „Die Vertreter von Industrie, Gewerkschaft, Natur- und Umweltverbänden sowie der Energieerzeuger brachten einhellig zum Ausdruck, dass sie die Maßnahmen der Bundesregierung unterstützen und zur Zusammenarbeit bereit sind. Die Teilnehmer betonten die gute Gesprächsatmosphäre und waren sich einig: Die Energiewende gelingt, wenn wir sie alle als gemeinsame Aufgabe betrachten, Verantwortung übernehmen und gemeinsam anpacken.“ Denn – so Merkel: „Es gab heute in unserem Gespräch mit den Akteuren der Energiewende keinerlei Zweifel daran, dass wir eine erfolgreiche Energiewende wollen.“ Wie hätte man darüber auch streiten sollen. In früheren Zeiten lautete das in einem anderen Organ so: „Es wurden Fragen von beiderseitigem Interesse besprochen…“ ho weiterlesen…