Energiespeicher: für Energiewende kurzfristig nicht von hoher Bedeutung
- Schwankungen der Einspeisung erneuerbarer Energien sind kurz- bis mittelfristig durch thermische Kraftwerke und Drosselung flexibel und wirtschaftlich auszugleichen
- VDE empfiehlt intensivere Speicherforschung für die langfristige Zukunftssicherung des Stromversorgungssystems
- Speichereinsatz ändert nichts an Dringlichkeit des Übertragungsnetzausbaus
Der Speicherbedarf in der Energiewende wird erst ab Anteilen erneuerbarer Energien (EE) von mehr als 40 Prozent signifikant. Die durch den EE-Ausbau hervorgerufenen Schwankungen können kurz- und mittelfristig größtenteils von einem flexiblen thermischen Kraftwerkspark und flexiblen Biomassenanlagen abgefangen werden. Auch auf den erforderlichen Übertragungsnetzausbau hat der Einsatz von Speichern kaum Auswirkungen. Das ist das Ergebnis einer Studie des VDE.
Bei einem Szenario mit einem EE-Anteil von 40 Prozent dient der Speichereinsatz vor allem der Optimierung und Verstetigung fossiler Stromerzeugung. Auf die Gesamtemissionen der Stromerzeugung wirkt sich der Speichereinsatz ebenfalls erst langfristig positiv aus – bei einem Szenario mit einem hohen EE-Anteil von über 40 Prozent. Das sind wichtige Ergebnisse der VDE-Studie „Energiespeicher für die Energiewende“, die den Speicherungsbedarf und Auswirkungen auf das Übertragungsnetz für Szenarien bis 2050 untersucht hat.
Auf Basis der Analysen kommt die VDE-Studie zu dem Schluss, dass heute der Stromnetzausbau und die Flexibilisierung des Kraftwerksparks sowie der regelbaren EE-Anlagen (z.B. Biomasse) vorrangig betrieben werden sollten. Langfristig werden Speicher allerdings ein elementarer Bestandteil des Stromversorgungssystems sein. Daher eröffnet sich auch auf diesem Feld ein dringender F&E-Bedarf.
Damit die notwendigen Speichertechnologien zukünftig wirtschaftlich und großtechnisch verfügbar werden, empfiehlt die VDE-Studie technologie-neutrale Forschungs-Anstrengungen und Pilotprojekte zu Speichertechnologien. Handlungsbedarf gibt es auch im regulativen Umfeld sowie im Strommarktdesign, insbesondere im Hinblick auf die Erweiterung um eine Leistungs- und Flexibilitätskomponente zur Finanzierung der technisch notwendigen Versorgungssicherheit und Systembilanzierung über Kraftwerke und Speicher.
Hohe Priorität für mehr Flexibilität der Anlagen im Stromsystem
Wie die VDE-Analyse zeigt, erfordert der künftige Zubau von EE-Anlagen erhöhte Flexibilität im Energiesystem auf Erzeugungs- und Verbrauchsseite. In allen Szenarien, die in der VDE-Studie untersuchtewurden, konnte dieser Flexibilitätsbedarf durch den verbleibenden thermischen Kraftwerkspark, durch Abregelung der EE-Einspeisung oder durch die Kurz- und Langzeitspeicher befriedigt werden. Dabei sind Kurz- und Langzeitspeicher bei einem Anteil erneuerbarer Energien in Höhe von 40 Prozent für eine ausgeglichene Stromversorgung noch nicht zwingend erforderlich. Speicher dienen in näherer Zukunft vorwiegend der Einsatzoptimierung thermischer Kraftwerke und weniger der Speicherung von EE-Strom. Der Einsatz des verbleibenden thermischen Kraftwerksparks sowie eine geringfügige Abregelung der Einspeisung erneuerbarer Energien (< 0,4 Prozent) bieten laut Studie eine effiziente Form zur Bereitstellung der erforderlichen Flexibilität.
Kombination aus Speicherung und Abregelung langfristig sinnvoll
Dennoch ist laut VDE-Studie langfristig eine Kombination aus Kurz- und Langzeitspeicherung und Abregelung von EE-Anlagen empfehlenswert. Bei einem Anteil erneuerbarer Energien von 80 Prozent werden in einem volkswirtschaftlich günstigen Stromsystem zusätzlich etwa 14 GW bzw. 70 GWh (5 Stunden) an Kurzzeitspeichern und ca. 18 GW bzw. 7,5 TWh (17 Tage) an Langzeitspeichern benötigt. Ein Abregeln der seltenen, aber großen Leistungsspitzen der erneuerbaren Energien ist allerdings grundsätzlich wirtschaftlicher als eine Auslegung der Speicher auf diese großen Leistungswerte. Das optimale Verhältnis aus Erzeugungskapazität, Speicherung und Abregelung ist Gegenstand zukünftiger Forschung.
Speicher dient erst bei einem sehr hohen EE-Anteil dem Klimaschutz
Auch im Hinblick auf Klimaschutzaspekte haben Kurz- und Langzeitspeicher bei einem EE-Anteil von 40 Prozent noch keinen gravierenden Einfluss. Bei einem EE-Anteil von 80 Prozent führt der Einsatz von Speichern im regulären Strommarkt dagegen zu einer rund 10-prozentigen Reduzierung des CO2-Ausstoßes zusätzlich zu einer bereits erfolgten Gesamtemissionsreduktion im Stromsystem von minus 85 Prozent im Vergleich zu 1990.
Die Stromgestehungskosten ausgewählter Speicherzubauvarianten – nicht zu verwechseln mit Strompreisen, die sich unter anderem über Grenzkosten an Märkten bilden sowie Netzentgelte sowie Steuern und Abgaben beinhalten – werden bei einem EE-Anteil von 80 Prozent um ca. 10 Prozent im Vergleich zum Jahr 2010 steigen. Wird der Anteil erneuerbarer Energien von 80 Prozent auf 100 Prozent erhöht, ist für diese „letzten 20 Prozent“ allerdings eine Verdreifachung des Speicherparks an Kurz- und Langzeitspeichern notwendig. Die Stromgestehungskosten steigen dabei nochmal um ca. 19 Prozent.
Regelbare Kraftwerke bleiben Rückgrat der Versorgungssicherheit
Regelbare Kraftwerke im fossilen Restkraftwerkspark und die Ausspeichereinheiten der Langzeitspeicher – dann vorwiegend als Gaskraftwerke, Brennstoffzellenanlagen und in Form von Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) – bilden auch in Zukunft das Rückgrat der Versorgungssicherheit. Bis zu einem Anteil erneuerbarer Energien von 80 Prozent wird die installierte Leistung an Erzeugungsanlagen (Kraftwerke, zentrale und dezentrale KWK) stets in der Größenordnung des Spitzenverbrauchs liegen.
Der Kurz- und/oder Langzeitspeichereinsatz führt, sofern er ohne Rücksicht auf den Netzzustand erfolgt, zu keiner signifikanten Netzbelastung oder Netzentlastung und hat somit ohne Betrachtung räumlich unterschiedlicher Ein- und Ausspeicherung keinen Einfluss auf den erforderlichen Übertragungsnetzausbau. Eine Empfehlung für eine erzeugungsnahe oder verbrauchsnahe Speicherallokation kann im Rahmen der Studie nicht abgeleitet werden. Eine wichtige Botschaft der VDE-Studie liegt vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um den Stromnetzausbau darin, dass der Speichereinsatz nichts an der grundlegenden und dringenden Notwendigkeit des Übertragungsnetzausbaus ändert.
Speicher langfristig über F&E für den Markt vorbereiten
Auch wenn Speicher aktuell nur wenig dazu beitragen können, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern, müssen sie verstärkt in den Fokus der Forschung und Entwicklung rücken. Denn langfristig werden Speicher bei einem hohen EE-Anteil – wie in dem 80-Prozent-Szenario berechnet – ein unverzichtbares Element des Stromsystems darstellen. Um Speichertechnologien für den langfristig erforderlichen wirtschaftlichen und großtechnischen Einsatz weiterzuentwickeln, sollten daher laut VDE schon heute intensive technologieneutrale Forschungs- und Entwicklungsprojekte auf den Weg gebracht werden und geeignete Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Handlungsempfehlungen der Studie
- Speicherzubau erst ab EE-Anteilen ab 40% erforderlich
- Zeitfenster bis 2025 nutzen zu Forschung und Entwicklung
- Masterplan für Markteinführung heute, damit erforderlicher Speicherzubau 2025 – 2050 rechtzeitig erfolgt
Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf
- Wechselwirkungen Speicher und Netz (Netzsicherheit, Netzausbau, Systemdienstleistungen)
- Versorgungssicherheit
- Spartenübergreifende Optimierung (Strom, Gas, Verkehr, Wärme)
- Marktdesign und Netzregulierung für System mit hohem Anteil erneuerbarer Erzeugung und Speicher
Quelle: www.vde.com; www.vde.com/Energiespeicher